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‚Heimflug‘ von Brittani Sonnenberg

Ich bezeichne dieses Buch jetzt einfach mal als kleine, etwas unscheinbare, unaufgeregte Perle.

Es handelt von Familie, Liebe, Einsamkeit, Zusammensein, Zugehörigkeit, erwachsen werden, Lebensläufen, Verlust und von Heimat. Jedes Mitglied der vierköpfigen amerikanischen (?) Familie Kriegstein erhält die Gelegenheit einen Teil ihrer Geschichte aus eigener Perspektive zu erzählen. Wir ziehen mit ihnen in verschiedene Länder der Welt, erhalten kleine Einblicke in ihr Leben, aber wirklich heimisch werden wir nirgends. Hingezogen hab ich mich zu keiner der seltsam unbewegten Personen gefühlt, was mich nicht davon abgehalten hat, das Buch in einem Rutsch zu lesen.

Was mich letztlich tatsächlich gefesselt hat, weiß ich gar nicht so genau zu bestimmen. Vielleicht die Erzählweise, die angenehm zu lesende Sprache. Vielleicht die ständig mitschwingende Traurigkeit, die von Beginn an wissen lässt, dass Sophie, die jüngere der beiden Schwestern, die Tochter, das Spielfeld verlassen wird. Vielleicht aber auch, weil ich selber in letzter Zeit viel über das Gefühl von Heimat nachgedacht habe, ohne es wirklich fassen zu können. Letztlich sind es vermutlich die Menschen und unsere manchmal verklärten Erinnerungen, die Heimat zu einer solchen werden lassen.

Vielleicht ist genau das der Grund, warum mir ‚Heimflug‘ gefallen hat, weil ich zum Nachdenken über Familie, Heimat, Zusammengehörigkeit angestoßen wurde. Und ein Buch, das auf irgendeine Weise nachwirkt, kann doch nur ein gutes Buch sein.

Brittani Sonnenberg
Heimflug
Arche Verlag
ISBN 978 3716027097

 

Ingvar Ambjørnsen ‚Die Nacht träumt vom Tag‘

Es ist eine Weile her, dass ich die Muße hatte Literatur zu testen. Nicht dass ich dem Lesen den Rücken gekehrt hätte,  aber als ‚Pendler‘-Lektüre morgens und abends im Zug ging einfach nur seichter   Lesestoff auf dem eReader.

Ingvar AmbjornsenLetzte Woche habe ich mich endlich wieder an was Neues herangewagt. Und weil ich ein wenig auf Entzug war, hab ich Ingvar Ambjørnsens ‚Die Nacht träumt vom Tag‘ sogar zu Ende gelesen. Ich will damit nicht sagen, es wäre mir schwer gefallen, aber ob ich das Buch empfehlen würde, hm, mal sehen.
Die Nacht träumt vom TagMenschen tauchen in diesem skandinavischen Erzählwerk einige auf,  wesentlich mehr als   Sune, der sich der Verantwortung eines alltäglichen Lebens in der Stadt schon lange entzogen hat, es ertragen kann. Aber die Umstände bringen es mit sich, dass er immer wieder die Einsamkeit der Wälder Nordnorwegens verlassen muss. Dann spielt ihm das Schicksal die Vietnamesin Vale in die Hände, die ihre eigene Geschichte mit sich trägt. Für eine kurze Zeit verknüpfen sich ihre Wege.

Ich habe eine Weile gebraucht mich in die Sprache einzulesen. Die im Buch erzählte Geschichte erfordert eine Aufmerksamkeit, die ich ihr manchmal schuldig geblieben bin. Dennoch musste ich dran bleiben, musste wissen, wie es mit Sune weitergeht, wurde ohne es recht zu merken, und vor allem zu wollen, in seinen Bann gezogen.
Tatsächlich hat mich die kalte, feuchte, neblige, dunkle Beschreibung dieser Herbsttage, in denen wir einen kurzen Einblick in das Leben von Sune, Vale und den anderen erhalten, gefesselt und fasziniert.

Deshalb gibt es die Leseempfehlung nur für Freunde leicht düsterer, einsamer, nebelverhangener skandinavischer Literatur.

„Wir essen mit den Fingern. Lecken das Fett ab. Es wird dunkel. Die Flammen im Feuer nehmen ein tiefes Gelb an, mit blauen und grünen Einsprengseln. Ab und zu ein Knall, und ein Funken, der wie eine Sternschnuppe durch den Abend huscht. Sagen ab und zu etwas. Schweigen. … Ich kann aus der Stadt hinaus und auf den Pfad gehen, aber die ganze Zeit werden neue Hände nach mir greifen. Und das einzig Neue an dieser Erkenntnis ist, dass sie mir jetzt zu schaffen macht.“