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Steampunk – Lindsay Buroker ‚Republic‘ (Emperor’s Edge 8)

Was für ein Glück, dass ich hin und wieder einfach stöbere. Und so sehr man schimpfen mag über den großen bösen Internethändler dessen Namen nicht genannt werden darf/soll/will, manchmal lässt er einen nicht im Stich mit seinen (aufgrund meines Nachschlageverhaltens) nicht immer sinnigen Lesevorschlägen.

Buroker RepublikSonst hätte ich ihn ehrlich übersehen, diesen völlig unerwarteten Band 8 der Reihe Emperor’s Edge von Lindsay Buroker. Ursprünglich hatte die Autorin mal sechs Bände geplant, die im siebten Band dann einen runden Abschluss hatten. Ich hatte sie alle verschlungen, vor ca. einem Jahr. Und hatte folgendes dazu geschrieben:

„Das Objekt der Begierde: Lindsay Buroker 7 Bde. Emperor’s Edge (eBook, nur englisch!)

Angestoßen von einem Facebook-Posting, der erste Band als Buroker Emperorkostenloses eBook, kann man ja mal testen. Hahaha, guter Trick, hat funktioniert!

Wir werden entführt in eine Welt der Abenteuer, der klassischen Abenteuer, einem Mix aus Jules Verne und Arthur Conan Doyle. Dunkel und dampfig, Helden, Antihelden, Herrscher, Burgen, Intrigen, Erfindungen, Kämpfe, Territorien, Verbündete, Feinde, gut, böse, Verrat, Vertrauen, Mut, Verzweiflung, Folter, Zauberei, Degen, Messer, Kanonen, Kameradschaft, Trauer, Tod, Humor, eine Eisenbahn, U-Boote, ein Luftschiff,  ein mysteriöses fremdes ‘Raumschiff’ und die Liebe.

Ich habe mich schon lange nicht mehr so amüsiert beim Lesen. Die Helden der Geschichte eine zusammengewürfelte Gruppe von Outlaws, die sich ihr gegenseitiges Vertrauen erst noch erarbeiten müssen. Im Mittelpunkt Amaranthe, die durch ihre sprachliche Überzeugungskraft die Truppe zusammenstellt und -hält. Ort des Geschehens eine ‘alte’ Stadt, angesiedelt in einer Parallelwelt. Die Dialoge wunderbar humorvoll und auch wenn es sich um Trivialliteratur handeln mag, es macht Spaß die Sprache zu erkunden.

Ich hab sie letztlich alle gelesen, die sieben Bände, in zehn Tagen. Ein wenig atemlos, ähnlich wie die Protagonisten, die von Abenteuer zu Abenteuer getrieben werden, kaum Zeit haben zu ruhen und ihre Welt retten müssen.

Nun ist es zu Ende, und ich sitze ein wenig verloren herum, so ohne Fortsetzung.“

Da war es, dieses Bedauern: „so ohne Fortsetzung…“. Nun, Lindsay Buroker hatte offensichtlich nicht nur wirklich viel Spaß mit ‚ihren‘ Helden, sondern hat sich auch ihren Lesern gestellt und durch eine Umfrage versucht herauszufinden, wie und ob die Geschichte um Amaranthe, Sicarius, Sespian und ihren Gefährten weitergehen soll.

Herausgekommen ist erneut ein Feuerwerk (zeitweilig  im wahrsten Sinne des Wortes 😉 ) an Ideen, Spaß, neuen Herausforderungen, viel Fantasie  und spritziger Sprache. Buroker bekommt es mühelos hin uns wieder mitten hinein in die Welt ihrer Helden zu ziehen, es fühlt sich fast wie ein Nachhausekommen nach langer Reise an. Irgendwie auch schön, dass sie den einzelnen Charakteren ihre Eigenheiten lässt, sie in ihren Beziehungen untereinander aber gewachsen sind. Ein reines Lesevergnügen!

…tja, und da das Empire nun in eine Republik übergegangen ist, bei deren Gründung nun wirklich nicht alles problemlos laufen kann, unsere Protagonisten ihre Plätze in der (neuen) Geschichte erst finden müssen, bleibt viel Raum für den ein oder anderen neuen Abenteuer-Steampunk-Spaß 🙂

Justin Go „Der stete Lauf der Stunden“ – Lesen!

Immer wieder, wenn mich ein Buch so fesselt, dass ich nicht aufhören kann zu lesen und gleichzeitig nicht möchte, dass es endet, stelle ich mir die Frage: was bewegt mich bei einem Buch?

Justin Go 'Der stete Lauf der Stunden'Im Falle von Justin Go ‚Der stete Lauf der Stunden‘ ist es – wie so oft – die Geschichte. Wenn ich eine Beziehung zu den Personen aufbauen kann, mich forttragen lasse in eine andere Welt, mich nur losreißen will, um den natürlichen Bedürfnissen nachzugehen, mich über Regentage freue und für eine kurze Weile die Romanfiguren Mittelpunkt meiner Gedanken werden, dann passt alles.

Der Autor Justin Go schafft das mit einer Geschichte, die so niemals stattgefunden haben kann, aber was solls. Genau das ist die Kunst. Unseren Wunsch aufzunehmen, einmal im Leben Begegnungen zu haben, die vom Zufall geprägt sind.

Auch wenn das Gerüst der Geschichte irgendwie sehr konstruiert herüberkommt, das kann, sollte man beim Lesen einfach ignorieren.

Das eigentlich fesselnde sind die beiden Erzählstränge. Hier Tristan, auf der Suche nach Beweisen für die Existenz der großen Liebe seiner Ururgroßeltern. Getrieben, geleitet von Zufällen, die ihm bei seiner Reise durch Europa in die Hände fallen, und er darüber fast übersieht, was das Leben für ihn bereit hält.

Dort, in den Wirren des Ersten Weltkrieges beginnend, die Begegnung von Imogen und Ashley, einer Liebe, die scheinbar nur in getrennten Leben existieren kann, um nicht ihrer Größe beraubt zu werden. Imogen, die beschließt aus Ashleys Leben zu verschwinden, Ashley, der letztlich bei einer Mount Everest Expedition 1924 sein Leben lässt.

Das Buch ist nicht perfekt, es hat seine Schwächen, eben gerade in den sehr konstruierten Teilen, was es nicht weniger empfehlenswert macht. Kleine Schwächen sind es doch, die uns alle liebenswerter machen.

„Es sind die kleinen Dinge, die einen herabziehen. Verspätete Züge und verbrannte Desserts und zugige Zimmer. Ich habe auf keinem Berg so elendig gefroren wie in einem zugigen Zimmer. Man kann an Widerständen wachsen, aber die meiste Zeit sorgen wir uns um das verbrannte Dessert. Man muss wirklich kämpfen, um zu erkennen, was das Leben ist. Erst dann wird einem bewusst, wie völlig belanglos ein verbranntes Dessert ist.“

Justin Go
Der stete Lauf der Stunden
Hoffmann und Campe
978-3-455404333

 

‚Heimflug‘ von Brittani Sonnenberg

Ich bezeichne dieses Buch jetzt einfach mal als kleine, etwas unscheinbare, unaufgeregte Perle.

Es handelt von Familie, Liebe, Einsamkeit, Zusammensein, Zugehörigkeit, erwachsen werden, Lebensläufen, Verlust und von Heimat. Jedes Mitglied der vierköpfigen amerikanischen (?) Familie Kriegstein erhält die Gelegenheit einen Teil ihrer Geschichte aus eigener Perspektive zu erzählen. Wir ziehen mit ihnen in verschiedene Länder der Welt, erhalten kleine Einblicke in ihr Leben, aber wirklich heimisch werden wir nirgends. Hingezogen hab ich mich zu keiner der seltsam unbewegten Personen gefühlt, was mich nicht davon abgehalten hat, das Buch in einem Rutsch zu lesen.

Was mich letztlich tatsächlich gefesselt hat, weiß ich gar nicht so genau zu bestimmen. Vielleicht die Erzählweise, die angenehm zu lesende Sprache. Vielleicht die ständig mitschwingende Traurigkeit, die von Beginn an wissen lässt, dass Sophie, die jüngere der beiden Schwestern, die Tochter, das Spielfeld verlassen wird. Vielleicht aber auch, weil ich selber in letzter Zeit viel über das Gefühl von Heimat nachgedacht habe, ohne es wirklich fassen zu können. Letztlich sind es vermutlich die Menschen und unsere manchmal verklärten Erinnerungen, die Heimat zu einer solchen werden lassen.

Vielleicht ist genau das der Grund, warum mir ‚Heimflug‘ gefallen hat, weil ich zum Nachdenken über Familie, Heimat, Zusammengehörigkeit angestoßen wurde. Und ein Buch, das auf irgendeine Weise nachwirkt, kann doch nur ein gutes Buch sein.

Brittani Sonnenberg
Heimflug
Arche Verlag
ISBN 978 3716027097