Seit ich 1992 meinen ersten Zelturlaub im Nordosten der USA, genauer: New England, verbracht habe, bin ich USA-Campingplatz-Reisende mit Begeisterung.
Mir ist klar, dass die meisten Urlauber in den USA die überaus praktisch erscheinenden Campmobile aller Größen anmieten, für mich war das aus den unterschiedlichsten Gründen nie eine Option.
Deshalb kann es passieren, dass sich dieser Artikel in eine Art ‚Ode an das Zelten‘ entwickeln wird 😉
Auf den vielen Reisen durch das Land, habe ich festgestellt, dass ich mit Zelt und Mietauto nicht nur relativ preisgünstig, sondern auch sehr unabhängig unterwegs sein kann. Viele der Campgrounds liegen in traumhaften Landschaften und abends, wenn die Tagestouristen weg sind, kann man sogar am Grand Canyon in völliger Einsamkeit den Sonnenuntergang genießen.
Natürlich habe ich über viele Reisen in den unterschiedlichsten Staaten meine Erfahrungen erst sammeln müssen. Im ersten Campingurlaub ist einiges nicht nach Plan gelaufen, so wurden uns damals unsere Isomatten gestohlen (wir haben sie wiederbekommen!), die Begegnung mit einem Skunk verlief glimpflich, vergebliche Suche nach einem Campingplatz endete mit Genehmigung eines freundlichen Rangers in einem nachts eigentlich geschlossenen Park usw.
Bei allen Unbillen habe ich immer wieder erfahren dürfen, wie hilfsbereit und freundlich die Menschen sind, allem voran Ranger, Parkmitarbeiter, Volunteers in Visitor und Welcome Centern, und nicht zu vergessen die vielen anderen Camper. Geht man offen freundlich fragend auf die Menschen zu, ist Hilfe und eine kleine Plauderei selbstverständlich.
Generell würde ich Campgrounds in den USA in drei Kategorien einteilen:
- Campgrounds in National Parks: meist recht günstig, oft in
traumhafter Lage, meistens ‚First come-First serve‘, oft ohne Duschen und mit Plumpsklos, viel Platz.
- Campgrounds in State Parks: man kann davon ausgehen, dass in den großen, viel besuchten State Parks immer ein Campground zur Verfügung steht, auch wenn es nicht in der
Karte eingezeichnet ist. Oft erstaunlich gut ausgestattet mit Duschen (im Gegensatz zu den NPs) und viel Platz.
- private Campgrounds (z.B. KOA): haben immer Duschen, aber meist kleine Stellplätze, die Lage ist oft nicht so gut und sie sind teurer (vor allem KOAs – Ausnahmen bestätigen die Regel). Manchmal sind die anderen Plätze aber voll und manchmal will man einfach mal Duschen haben 😉
Immer vorhanden sind Trinkwasser (kann im Sommer auch mal aus einem großen Wassercontainer kommen), eine Tisch-Sitzgarnitur und der unvermeidliche Grill. Feuerholz gibt es in Supermärkten, an Tankstellen, im Campingshop für nicht allzu großes Geld zu kaufen. Da im Sommer fast überall erhöhte Waldbrandgefahr besteht, sollte das Zündeln wirklich nur im bereitgestellten Grill erfolgen! Feuerholz im Wald sammeln ist nicht gestattet!
Einchecken
Gerade in den State Parks oder außerhalb der Saison zwischen Memorial Day (letzter Montag im Mai) und Labor Day (erster Montag im September) sind auf den Campingplätzen keine ‚Hosts‘ mehr. Das Bezahlen funktioniert dann auf Vertrauensbasis. Man sucht sich einen Platz, nimmt am Eingang einen Umschlag, füllt den aus, packt das Geld (zwischen $10 und $20) hinein und deponiert alles in einer gekennzeichneten Box. Das sollte man auch tun, wenn wirklich niemand zum kontrollieren kommt (meistens kommt aber jemand).
Duschen
Duschen bzw. fehlendes solches kann in den Sommermonaten im Zelt schon mal zum Thema werden. Ist aber durchaus lösbar.
Tatsächlich gibt es manchmal öffentliche Duschen. Das kann dann in so einer typischen kleinen Ansammlung von Tankstelle, Grocery Store, Diner/Bar sein, mit Duschkabinen hinterm Haus, oder in einem Schwimmbad oder man duscht für ein paar Dollar auf einem privaten Campingplatz. Auch hier gilt die Devise: einfach fragen. Da ich eine Wasserratte bin und keine Angst vor kaltem Wasser habe (wenn die
Außentemperatur stimmt!), sind wir bei Sommerreisen in jedes sich bietende Gewässer gesprungen. Von kleinen plätschernden Bergflüsschen über idyllische Seen und größere Flüsse, bis hin zum Lake Tahoe (der auch im Sommer knackig kalt ist) oder den Großen Seen. Und sind wir mal ehrlich, so toll das Zelten auch ist – man spart schließlich eine Menge Geld, die teuersten Plätze kosten pro Platz gerade mal $20 (wenige Ausnahmen bestätigen die Regel), das Auto zu mieten ist wesentlich günstiger als ein Campmobil – da kann man sich zwischendrin, z.B. bei heftigen Regenfällen, auch mal den Luxus eines Motels gönnen!
Wo finde ich Campingplätze?
Die US-Amerikaner lieben das Campen. Deshalb gibt es nahezu im ganzen Land Plätze. Meine erste Quelle war und ist (da es 1992 keine Alternative gab) eine Kombination aus Kartenmaterial und Infos vor Ort. Ich mag zur Übersicht die Michelin-Karten, in denen einzelne Campingplätze eingezeichnet sind, aber bei weitem nicht alle. Die besten Straßenkarten für die USA – wenn man sich an das Kartenbild gewöhnt hat – sind die AAA-Karten, die man als ADAC-Mitglied in
den Filialen des amerikanischen Automobilclubs kostenlos erhält oder in Buchhandlungen kaufen kann. Und ohne das hier als Werbung für den ADAC verkaufen zu wollen, eine Mitgliedschaft für eine (längere) Auto-USA-Reise macht Sinn. Durch die Zusammenarbeit mit dem AAA ist man nicht nur bei Unfällen mit dem Auto abgesichert, es gibt auch in fast allen Motelketten und auf einigen privaten Campingplätzen 10% Rabatt.
Findet man in der Karte kein kleines dreickiges Campingplatzsymbol, gibt es den Weg in eines der Visitor Center oder die in jedem Bundesstaat an den ‚Grenzen‘ vorhandenen Welcome Centern. Zudem findet sich eine Flut an Info- und Werbematerial in jeder Rest Area auf den Interstates, in denen man Verzeichnisse von allen Arten von Unterkünften findet. Heute kann man für alle Recherchen natürlich das Internet nutzen, kostenloses WiFi gibt es auch auf den entlegensten Plätzen.
Jeder National Park ist mit mindestens einem Campingplatz ausgestattet, auch viele der State Parks. Hier gilt in der Regel – wie oben erwähnt – ‚first come, first serve‘. Zudem findet man in den Parks traumhafte Plätze mit enorm großen Stellflächen.
Campingutensilien
Da ich Zelt, Isomatte, Schlafsack, Kocher und einen kleinen Kaffeedrücker im Flieger transportiere – ja, für einen vierwöchigen Urlaub brauche ich ein Zusatzgepäckstück – werden andere Campingutensilien möglichst an einem der ersten Tage im Land organisiert. Praktisch ist ohne Frage, dass alle Stellplätze mit Tisch-Sitzgelegenheit ausgestattet sind.
Große Schüssel für Salat und evtl. zum Spülen, kleine Schüsseln für Müsli oder Suppe werden für kleines Geld in einem Dollar-Shop gekauft. Je nach Jahreszeit sollte man Geld in einen Cooler investieren – Eis dafür gibt es an jeder Tankstelle zu kaufen. Bei der Tasse hat es sich zum Ritual entwickelt ein schönes Exemplar zu erstehen, das dann für alle Getränke eingesetzt wird, für den Morgentee, die Saftschorle, den Nachmittagskaffee oder den Wein am Abend. Im Gegensatz zu den anderen Billigartikeln, die am Ende der Reise auf dem letzten Campground an nette Nachbarn verschenkt werden, darf die Tasse die Heimreise mit antreten.
Die genormten Kartuschen für gängige Gaskocher sind problemlos zu erhalten, schwieriger sieht es mit dem ‚Fuel‘ für meinen Trangia aus. Spiritus als solches kennt der Amerikaner nicht. In den ersten Jahren des Reisens hat es sich als größte Herausforderung erwiesen an Brennstoff für den Trangia-Kocher zu gelangen. Inzwischen weiß ich, wo und wonach ich suchen muss. Als beste Einkaufsquellen haben sich Best Buys, Outdoorshops oder Geschäfte für Anglerbedarf erwiesen. Man findet den Brennspiritus unter Namen wie ‚Boat stove alcohol‘, ‚Denatured alcohol‘ oder ‚canned cooking fuel‘. Achtung, kein Petroleum oder Benzin verwenden!!! Da Fondue immer beliebter wird, bieten Haushaltswarenläden ab und an Brennpaste ‚burning paste‘ an, die prima funktioniert.
Einkaufen
Beim Einkaufen oute ich mich als Deutsche bzw. Europäerin. Keine Frage, ich liebe grocery shopping in den großen Supermärkten, aber beim Frühstück nach einer Nacht im Zelt will ich Gewohntes. Also wird am Tag vor der ersten Nacht auf dem Campingplatz in einem
Whole Food oder Organic Market ein Müsli-Sortiment bestehend aus Basismüsli, Haferflocken, Cereals, Mandeln, eben was der Magen begehrt, für die Reisedauer zusammengestellt. Milch, Obst, Saft wird dann nach Bedarf frisch gekauft. Meinen Tee, gestehe ich freimütig, bringe ich mit, da er in den USA unverhältnismäßig teuer ist und nicht leicht zu beschaffen. Meine Mitreisenden haben es sich angewöhnt auch ihren Kaffee von zuhause einzupacken.
Fürs Kochen bin ich abends nicht so zu haben, da esse ich am liebsten Salat, Brot oder Dips. Das mit dem Brot in den Staaten wird langsam besser, Baguette bekommt man jetzt öfter mal ganz gutes, alles
andere ist für unsere verwöhnten Brotzungen eher nicht genießbar. Zum Ersteinkauf stehen also auch noch Gewürze, Olivenöl und Essig auf dem Programm.
Wein und lokales (immer danach fragen, meistens das eindeutig bessere!) Bier wird nach Bedarf besorgt – übrigens, sollte ein längerer Aufenthalt in Utah geplant sein, Alkohol vor der ‚Grenze‘ kaufen, dort gibt es praktisch keinen.
Was mir sonst noch so einfällt
- an Wochenenden, allen voran an Holiday Weekends, ist der Großteil der Campgrounds ausgebucht. Beliebt sind alle Plätze, an denen Boote zu Wasser gelassen werden können. National Parks sind nicht davon betroffen, aber Seen und Flüsse. An diesen Wochenenden also besser auf kleinere, für Einheimische unattraktive (für unsere europäischen Augen aber durchaus schöne) Campingplätze ausweichen, z.B. mehr im Wald oder in den Bergen oder vorbuchen.
- Essen sollte entweder immer im Auto oder den in Bärengegenden üblichen Containern verstaut werden. Auch
Müllbeutel, entweder ins Auto oder gleich entsorgen. Nichts draußen offen rumliegen lassen, Waschbären, Skunks und andere Tiere werden angelockt.
- Heute hat fast jeder Campingplatz ‚free WiFi‘. Und wenn nicht auf dem Gelände, so zumindest im Visitor Center, im Camping shop oder im nächsten Diner.
- Ich gehe nicht in die großen Fastfood-Ketten, zum Mittagessen unterwegs hat es sich als gute Idee herausgestellt nach kleinen Diners Ausschau zu halten, vor dessen Türen die Trucks der Einheimischen stehen. Die mögen oft nicht einladend aussehen, aber das Essen ist selbstgekocht und lecker.
- Beim Besuch von mindestens vier National Parks lohnt der Kauf des Annual Pass für $80.
- Sollten große Städte auf der Reise liegen, kann auch hier das Zelten überlegt werden. Wir schauen immer, ob es nicht allzu weit entfernt einen schönen Campingplatz gibt, der entweder einen Bahnhof oder einen Park&Ride gut erreichbar hat. Dann spart man den Stress mit dem Auto in die Stadt zu fahren und einen meist recht teuren Parkplatz suchen zu müssen.
So, das solls erstmal gewesen sein. Sicher würde mir nach 22 Jahren Reisen mit dem Zelt durch die USA noch mehr einfallen, aber hey, fragen nach weiteren Tipps kostet hier nichts 🙂