Wir haben es nicht mehr weit … bis zu unserem Wanderprojekt-Ziel Füssen. Aber irgendwie will es jetzt, kurz vor dem Ziel, nicht so recht laufen. Zweimal mussten wir diese vorletzte Etappe bereits verschieben und wenn es nach dem Wetterbericht gegangen wäre, hätte das heute auch passieren können. Generell lassen wir uns von schlechten Wettervorhersagen nicht beeinflussen, solange es nicht in Strömen regnet (und auch das wurde schon durchgestanden) sind wir zufrieden.
Mit dieser 23. Etappe auf unserem Weg von Würzburg nach Füssen stand nun allerdings die Wanderung durch die Ammerschlucht an, ein bei Nässe sehr rutschiger und anspruchsvoller Streckenabschnitt.
Wie so oft, wenn wir uns vorher unsicher sind ob es eine gute Idee war loszulaufen, haben wir auch heute wieder festgestellt, es gibt nichts besseres als … loszulaufen. Sobald die ersten Schritte im Wald gemacht sind, tritt eine unbeschreibliche Zufriedenheit ein, darüber in wunderbarer Natur in Bewegung zu sein, den Kopf frei zu haben, den Wald zu riechen, sich auf den Weg, den Atem, die Umgebung zu konzentrieren. Für ein paar Stunden alles andere ausklammern.
Und was für ein Tag ist dabei herausgekommen! Der Himmel war wolkenverhangen, ein kalter Wind wehte, die Berge in den Wolken versteckt, aber es hat nicht geregnet, also nahezu perfekte Bedingungen 😉
Kurz hinter unserem Ausgangspunkt Peiting beginnt die Ammerschlucht. Der Weg verläuft auf schmalem Pfad auf und ab oberhalb der Ammer durch lichten Laubwald, über viele Holzstege, Wurzelwerk, Stufen, kleine Brücken, immer dicht am Hang entlang. Jetzt im November ist der Weg bedeckt vom feuchten Laub, matschig, sehr nass, somit rutschig und erfordert Vorsicht und viel Konzentration beim Begehen. So verwundert es nicht, dass wir keiner Menschenseele begegnet sind.
Nach ca. 10km erreicht man Rottenbuch, unsere Halbzeit und Mittagspausenplätzchen.
Wir wollten ja noch weiter bis zur Wieskirche. Der Rest des Weges führte uns durchs Kloster Rottenbuch, den kleinen Ort Wildsteig und die letzten Kilometer durch gelblich schimmerndes Moorgebiet, unter leicht heller werdendem Himmel bis zur majestätisch vor der Alpenkulisse aufragenden Wieskirche.
Die knappe Stunde Zeit bis zur Busabfahrt wurde … klar, oder? 😉 … genutzt für ein wohlverdientes Tässchen Kaffee mit super leckerem selbstgebackenen Kuchen im Cafe. Zum krönenden Abschluss des Tages wurden wir mit einem grandiosen ‚Himmelfeuerwerk‘ belohnt.
Nun sag bitte noch einer es lohnt sich nicht … das Loslaufen!
Eindeutig meine liebste Jahreszeit, noch vor dem Frühling. Weil das Licht so wunderbar ist und die Farben so grandios. Herbst im Wald, vor allem in einem Laubwald, ist etwas ganz Besonderes. Sind die Farben im Frühling geprägt von Variationen eines satten, leuchtenden Grüns, erstrahlen die Wälder jetzt in einer warmen bunten Farbpalette. Der Boden riecht nach Pilzen, die Luft ist klar, die Tiere bereiten sich auf den Winter(schlaf) vor, Nahrung liegt genug herum.
Meine Heimatstadt Trier ist umringt von Wäldern. Ganz in der Nähe meines Elternhauses liegt das heutige Naturschutzgebiet ‚Mattheiser Wald‘. In meiner Kindheit nannten wir die Gegend nur ‚Franzosenwald‘. Das Gelände war damals strikt tabu, was uns natürlich nicht davon abgehalten hat kleine Ausflüge ins verbotene Land zu unternehmen.
Wald soweit das Auge reicht – ja, man kann sich verlaufen 😉
Der Wald diente einige Jahrzehnte als französischer Truppenübungsplatz, was einerseits natürlich das Tabu erklärt sich in ihm aufzuhalten, andererseits dem Wald die ‚Freiheit‘ bot kleine Biotope zu entwickeln. Klar wurde durch den Bau von Übungsstraßen, das Durchfahren des Waldes mit schwerem Gerät, Truppenübungen, Schießständen oder Baracken in die Natur des Waldes eingegriffen, erhalten blieb durch die militärische Nutzung aber auch der Baumbestand dieses seltenen Traubeneichenwaldes.
Seit 2003 ist der Mattheiser Wald nun als Naturschutzgebiet ausgewiesen, die Franzosen sind weg, der Name ‚Franzosenwald‘ gerät langsam in Vergessenheit, die alten Baracken und Betonwege werden zügig von der Natur übernommen, Wanderwege wurden angelegt und vor allem zahlreichen bedrohten Tier- und Pflanzenarten, Käfern, Libellen, Vögeln, Molchen, Fledermäusen usw. ein neuer Lebensraum geboten.
Bei meinem letzten Besuch in Trier habe ich mich also an einem wunderschönen sonnigen Herbsttag aufgemacht den Wald zu erkunden. Es fasziniert mich den ehemals verbotenen Pfaden zu folgen, nicht ganz geplant vom Weg abzukommen und durch den lichten Baumbestand zu streifen, kleine Weiher, überraschend nahezu bergige Landschaften zu entdecken und in der Ruhe und dem Geruch des herbstlichen Waldes zu versinken. Ich finde es spannend und toll, dass das ca. 450ha große Gebiet nun zugänglich ist und werde bei meinen Besuchen in Trier ganz sicher wieder Erkundungsausflüge einplanen!
Ja, natürlich hab ich gewusst, dass ich am 3. Oktober-Brückenfeiertag nicht alleine in den Bergen sein werde, schon gar nicht, wenn am Vorabend im Wetterbericht ‚perfektes Bergwetter‘ angekündigt wird! Aber mit diesen Massen hatte ich wirklich nicht gerechnet. Nun denn, ich kann es keinem verdenken auf die gleiche Idee wie ich gekommen zu sein, einen der klassischen, gut erreichbaren Aussichtsberge, den Aggenstein ausgesucht zu haben.
Eine kleine kritische Bemerkung, die bitte nicht überheblich genommen werden sollte, kann ich mir hier allerdings nicht verkneifen. Der Aggenstein ist bis kurz unter dem Gipfel ein echter Wanderberg. Die letzten Meter des Gipfelaufstiegs haben es dann aber in sich. Hier muss geklettert werden. Zwar ist ein Drahtseil gespannt, aber ein erhebliches Maß an Trittsicherheit sowie Kenntnisse des ‚am Seil-Gehens‘ und Schwindelfreiheit sind erforderlich. Man sollte sich nicht davon blenden lassen, dass vermeintlich doch alle anderen es nach oben schaffen, man muss nämlich auch wieder runter, bei hohem Wandereraufkommen das Seil auch mal loslassen, queren oder zur Seite gehen, und da wird das Unterfangen auf einmal gefährlich.
Gipfelkletterei
Nun aber zum vergnüglichen Teil!
Der Aggenstein ist einer meiner Lieblingsberge, weil man ihn meist schon früh im Jahr südseitig aus dem Tannheimer Tal (Parkplatz Eng bei Grän) schneefrei besteigen kann und ebenso bis weit in den Herbst hinein. Schön ist auch, dass die Bad Kissinger Hütte mit ihren leckeren Gerichten je nach Wetter lange geöffnet hat. Einen Besuch unbedingt einplanen!
Germknödel geht immer 😉
Da ich dieses Mal mit dem Zug angereist bin, habe ich den Auf- und Abstieg nordseitig über Pfronten-Steinach gewählt.
Und gestehe hier an dieser Stelle mit peinlich gesenktem Blick, die Bergsteigerehre verraten und die erste Etappe mit der Breitenbergbahn überbrückt zu haben. Aber alles hat seinen Preis, wie man am Ende sehen wird. 😉
Über dem Forggensee hängt noch der NebelBlick ins nebelverhangene AlpenvorlandIn der Ferne ragt Schloss Neuschwanstein kaum zu erkennen aus dem Nebel
Ab der Bergstation der Breitenbergbahn geht es erst einmal auf breitem (nicht sonderlich schönem) Weg unter dem Hochalp-Sessellift in Richtung Ostlerhütte. Für alle, die keine Aggenstein-Gipfelambitionen haben, eine zu empfehlende lange Rundwanderung über den Breitenberg mit tollen Ausblicken! Die Wege trennen sich hier, ich gehe nicht zur Ostlerhütte, zum Aggenstein geht es nun steil, mit ein paar kleinen Seilpassagen, in einer Stunde zum Gipfel. Kurz unterhalb des Gipfels, an oben erwähntem Kletterstück, treffen Süd- und Nordaufstieg aufeinander. Zum ersten Mal öffnet sich der phantastische Blick nach Süden auf den bis zum Horizont reichenden Alpenhauptkamm.
Erst hier stoße ich auf die schier endlos erscheinende Karawane an Menschen, die zum Gipfel hinauf und andere bereits wieder hinuter wollen. Ich kann nicht meckern, ich will ja auch rauf. Oben Getümmel, aber ich finde ein Plätzchen am Rand und habe freien Blick auf die Berge. Unbeschreiblich.
Osten, im linken Bildteil der Säuling, dahinter das ZugspitzmassivSüdostenSüden, in der Bildmitte der Hochvogel
Südosten, am unteren Bildrand die Bad Kissinger Hütte, Blick zu den Tannheimer GipfelnNordosten, Füssen, Lech
Nach einer guten halben Stunde Augenschmaus und Sonnenbad auf dem Gipfel, reihe ich mich brav wieder in die nicht enden wollende Karawane für den Abstieg ein.
Ein wenig bange ist mir schon, ob es wohl möglich sein wird ein Stückchen Apfelstrudel (einer der Besten!) oder Germknödel auf der sicherlich überfüllten Hütte zu ergattern. Ich habe Glück eine große Wandergruppe überholen zu können und treffe nur auf eine kleine Schlange am Tresen, habe innerhalb von 10 Minuten meinen Germknödel, einen Russ und ein Plätzchen für mich ist auch schnell gefunden, sogar mit Ausicht!
Um meine Bergsteigerehre nicht völlig zu ruinieren, hatte ich mir für den Abstieg eine andere, etwas längere, aber schöne, wenn auch recht steile Variante ausgesucht, die noch einen weiteren Vorteil bot: sie schien nicht sonderlich beliebt zu sein. Ein kleines Stück nach der Hütte zweigen mehrere Wege ab, einer führt zum südseitigen Abstieg nach Eng, einer geht über den Kamm weiter zum Füssener Jöchl (auch eine wunderschöne Tour!) und meiner führt nordseitig in steilen Kehren bergab nach Pfronten. Unterwegs kann man sich dann nochmal entscheiden zur Breitenbergbahn zu gehen, direkt abzusteigen oder, wie ich, durch die Reichenbachklamm zu wandern.
Abstieg
Eine gute Entscheidung, auch wenn ich es einen Tag später mit (verdientem!) höllischen Muskelkater bezahlen muss. Die Variante ist überaus abwechslungsreich, vor allem im unteren Teil durch wunderschön wilden Wald, aber eben auch – vor allem nach dem feuchten Wetter der letzten Tage – extrem rutschig über Felsstufen und Wurzelwerk in großen Tritten 1100 Höhenmeter, ca. 2 Stunden steil bergab.
Alles in allem ein wunderschöner Tag! Wie so oft überwiegen Freude und Stolz sich aufgerafft zu haben, zurück bleiben (neben dem Muskelkater 😉 ) Zufriedenheit und kleine Glücksmomente, die das Leben bewusster machen.