Archiv der Kategorie: Reisen

Einiges kommt anders als man denkt

„Meine liebe Reisefreundin,

wenn dieser Brief veröffentlicht wird, bist du hoffentlich, nein, ganz bestimmt, gut in Chicago gelandet. Du wirst vermutlich müde sein und dennoch aufgepeppt von dieser ganz bestimmten Aufregung, die dich immer überfällt, wenn es auf größere Reisen geht.

Auf der Architecture Boat Tour
Auf der Architecture Boat Tour

Und auch wenn es nicht die erste Reise in die USA ist, die du alleine unternimmst,  das Kribbeln, die Aufregung, Angst und Unsicherheit werden wohl nie verschwinden. Du weißt aber doch aus der Erfahrung, dass du das meistern kannst, auch wenn jede Reise dich wieder vor neue Herausforderungen stellt.

Dieses Mal hast du es dir im Vorfeld nicht leicht gemacht. Wie solltest du? Genau genommen musstest du dich durch ein Jahr voller Hürden, Zweifel, Rechtfertigungsversuche kämpfen, bis du dir endlich die ‚Genehmigung‘ erteilen konntest. Darfst du das? war die ständig im Hinterkopf pochende Frage. ……………………………“

Blick auf Chicago vom Lake Michigan
Blick auf Chicago vom Lake Michigan

So hatte ich vor ein paar Tagen diesen Artikel begonnen zu schreiben, um mich selbst nach meinem Flug in die USA zu begrüßen. Ich hoffe immer noch gut in Chicago gelandet zu sein, wenn dies hier veröffentlicht wird, aber heute unter einem anderen Blickwinkel als beim Schreiben dieser ersten Zeilen.

Vor ein paar Tagen musste mein 88jähriger Vater in der Nacht notoperiert werden. Da ich zu weit weg wohne, konnte ich nicht hinfahren, was mich schon ziemlich unglücklich machte. Hinzu kam nun der Fakt, dass ich drei Tage später von München aus losfliegen wollte, wie also sollte ich einen Besuch schaffen ohne völlig auf dem Zahnfleisch in den Flieger zu kriechen. Mir war schnell klar, die Entscheidung lautet fliegen oder alles absagen. Inzwischen hab ich mit meinem Vater schon telefoniert, die OP ist wohl gut verlaufen, er wird nun eine Weile im Krankenhaus bleiben müssen und ist versorgt. Das alles beruhigt mich zwar, es bleibt aber ein Berg von Zweifeln und Vorwürfen, allem voran Mutter und Bruder nicht durch meine Anwesenheit zu unterstützen.

Werde ich mich an einer Reise erfreuen können, die unter so einem Stern steht? Wird zuhause alles gutgehen? Darf ich das? Die immer wieder kehrenden Fragen in den letzten Tagen. So wechsle ich meine Entscheidung nahezu von Stunde zu Stunde. Nachvollziehbar.

Ich bin jetzt mal ganz ehrlich, alles abzusagen würde mir das Herz brechen. Ist das egoistisch? Geht mein Herz hier vor? Beantworten kann ich das nicht.

Wünschen, das darf ich. Wünschen, dass – sollte ich in den Flieger gestiegen sein – zuhause alles so gut geht, wie es eben gehen kann. Wünschen, dass auf meiner Reise alles so gut geht, wie es eben gehen kann. Wünschen, dass ich eine tolle Zeit mit lieben Freunden in den USA verbringen werde und anschließend mit neuer Energie eine gute Zeit mit der Familie.

Und Danke! sagen an die Familie, das kann ich auch. Danke für eure Unterstützung in allen Bereichen, ohne die diese Reise gar nicht möglich hat werden können!

Und nun? „Herzlich willkommen in Chicago, herzlich willkommen im Leben!“

 

 

 

 

Reisen – ein Blogstöckchen und 11 Antworten

Hui, da kam ein Stöckchen geflogen, ein Reise-Blogstöckchen, wie schön. Allerdings auch ganz schön anspruchsvoll, soll ich doch 11 Fragen beantworten, die sich Sonya von Soschy on tour ausgedacht hat. Und sobald ich einmal anfange übers Reisen nachzudenken, komme ich vom Hölzchen aufs Stöckchen 😉

1. Wohin hat dich deine erste Reise geführt und was ist dir besonders in Erinnerung geblieben?

Bei meiner ersten Reise, die ich alleine unternommen habe, war ich sechzehn und bin in den Sommerferien für vier Wochen nach Tirol ins Stubaital gefahren. Wenn ich heute darüber nachdenke war das sicher ein eher ungewöhnliches Reiseziel für eine sechzehnjährige – vier Wochen Urlaub in den Bergen, wie bin ich nur darauf gekommen? Es war fantastisch. An was ich mich besonders erinnere? Da ich ja viel Zeit hatte und nicht ständig irgendwelche Bergtouren unternehmen konnte, hab ich mich so gut es ging bei meinen Gastgebern nützlich gemacht. Ein- zweimal die Woche wurden Eier von einem weit oben am Berg gelegenen Hof abgeholt. Knapp 300 Höhenmeter, eine halbe Stunde rauf und wieder runter. Wenn ich heute zu Besuch dort bin, dann ist das für mich schon fast eine Halbtagestour, bei der ich mich freue auf besagtem Hof anzukommen und die Aussichtsterrasse der Jausenstation mit tollem Blick auf die Stubaier Berge voll auszukosten!

Blick von Kartnall (Neustift/Stubai) zum Zuckerhütl
Blick von Kartnall (Neustift/Stubai) zum Zuckerhütl

2. Was muss eine perfekte Reise für dich haben?

Erinnerungswerte Begegnungen und ich-möchte-schreien-vor-Glück-Momente.

3. Wo möchtest du auf keinen Fall hinreisen und warum?

Absolut ausschließen möchte ich nichts, und manche Ziele schließe ich eher temporär aus z.B. wegen politischer Unruhen, Kriegszuständen, großer Armut, Hungersnöten in der Bevölkerung oder ähnlichem. Wenn ich beschließen würde in solche Gebiete zu fahren, dann nicht zum Zweck des Reisens, sondern um zu helfen. Das hat sich allerdings in meinem Leben (noch) nie ergeben.

4. Welches Reiseerlebnis (Tourenerlebnis) hat dich besonders geprägt?

Kein einzelnes Ereignis, sondern dass ich ‚aufhören‘ kann, wenn nichts mehr geht. Mir wurde dazu schon fehlender Ehrgeiz attestiert, aber für mich hat es mehr mit Vernunft zu tun und Mut es zuzulassen. Es kann passieren, dass ich 50m unterm Gipfel aufgebe, weil ein heftiger Sturm mich nur kriechend den Gipfel erreichen lassen würde oder wie in früheren Zeiten beim Kajakfahren mitten im Fluss abbrechen, weil mir klar wurde, dass der Fluss zu schwer  für mich ist. Wenn ich feststelle, dass eine Aufgabe mich mehr als an meine Grenzen bringt, konditionell, vom technischen Schwierigkeitsgrad her, meiner Angstschwelle, meines Könnens, meines Vertrauens in mich … dann kann ich es lassen, auch wenn ich schon mitten drin stecke. Ich bin gut darin einen Notausstieg zu finden 😉

5. Was war die eindrucksvollste Begegnung, die du auf einer Reise hattest?

Offene, gastfreundliche, hilfsbereite Menschen zu treffen.
Eine besondere Begegnung, an die ich mich immer erinnern werde, hatte ich im Monument Valley in Utah/USA. Im Dezember 1998 bin ich eine Woche alleine zu den National Parks im Südwesten der USA gefahren. Eine Reisezeit, in der kaum jemand unterwegs ist, selbst den Grand Canyon hat man nahezu für sich. Im Monument Valley war ich früh am Morgen und kein anderer Tourist weit und breit. Damals konnte das Tal nur im Jeep mit einem Navajo als Guide befahren werden und ich wollte das unbedingt machen. Nach ein paar Preisverhandlungen fand sich ein Guide, der nur für mich die Tour fahren würde.

Monument Valley
Monument Valley

Nicht gerechnet hatte ich damit, dass mich unterwegs auf einmal eine Panik befallen würde, dass ich so ganz allein war, ohne dass jemand wusste wo ich bin, mich niemand so schnell vermissen würde und an all die Dinge denkend, die man alleinreisenden Frauen so eintrichtert. Der Navajo neben mir im Auto musste diese Panik gespürt haben, auch wenn ich sie versuchte zu unterdrücken. Was macht dieser verrückte Typ? Er fährt tiefer ins Tal hinein, offroad an eine versteckte einsame Stelle und lässt mich aussteigen. Geht ein Stück mit mir hinter diese wundervollen roten Felsen und erzählt mir eine Geschichte aus seiner Kindheit und wie sie als Kinder genau an dieser Stelle immer spielten und in den Formationen der Felsen Tiere, Geschichten, Dinge entdeckten. Er führte mich zu einem Felsen, der aussah wie ein Phallus, sah sich mein aschenes verängstigtes Gesicht an, klopfte sich vor Lachen auf die Schenkel und sagte nur ‚everything in life is just imagination, so is fear‘. Danach folgte die wohl schönste Privatführung durch das rote Land der Navajos, die man sich vorstellen kann.

6. Was sind deine größten Sorgen und Ängste auf Reisen und wie überwindest du sie?

Meine Ängste haben sich sicher über die Jahre und mit der Erfahrung geändert. Dennoch bleiben immer die ersten Schritte der Reise, die mir Angst machen. Teilweise unsinnige Sorgen, die mein Gehirn aber nicht ausschalten kann. Ist das Gepäck da, finde ich zum Hotel, klappt alles mit dem Auto, die ersten Kilometer im Mietauto durch fremdes Terrain, wie finde ich mich zurecht usw.

Crossing Chicago
Crossing Chicago

Ich habe mir angewöhnt den Beginn einer Reise im Kopf in kleine machbare Schritte einzuteilen. Das funktioniert super (für mich). Diese Überlistung geht dann so: Gepäck ist eingecheckt, ich sitze im Flieger – Schritt 1 alles ist prima, Landung, Gepäck ist da – Schritt 2 alles paletti, zur Mietautostation kommen – Schritt 3 hey, klappt doch, usw.

7. Mit welcher bekannten Person (Historisch, “Promi”, Fantasiefigur) würdest du gerne mal eine Reise unternehmen? Wo würdet ihr hinfahren?

Ich würde völlig unspektakulär gerne eine ganz persönliche Führung durch Wien mit Daniel Kehlmann und Thomas Glavinic machen.

8. Auf welchen Ausrüstungsgegenstand kannst du auf deinen Reisen auf keinen Fall verzichten?

Ich kann auch kurz: Taschenmesser! …naja, um ehrlich zu sein, das Smartphone hätte ich auch gerne dabei 😉

9. Was war das Leckerste und was das Ekligste, dass du auf einer Reise gegessen hast?

Nirgends hab ich so gute Falafel wie in Israel bei Straßenhändlern gegessen. Nichts Ekliges so far! Lucky me 🙂

10. Wie würdest du einen Reisemuffel davon überzeugen, dass Reisen großartig ist?

Gar nicht. Das wäre so wie einem Lesemuffel ein Buch zu schenken. Jedem das Seine! Wenn ich jemanden mit meinen malerischen Geschichten von Reisen oder Touren nicht animieren kann, selber schuld 😉

11. Wenn du nur noch einen Monat reisen könntest, was würdest du tun?

Neeeee, an sowas wollen wir gar nicht denken!

Hui, und jetzt kommt der schwierige Teil, 11 Fragen überlegen und wem ich sie zuwerfen werde.

Hier kommen meine 11 Fragen:

  1. Wer ist Dein bester Reise-Buddy?
  2. Wohin ging Deine erste Flugreise?
  3. Bist Du schon alleine gereist, wenn ja: wohin, wenn nein: wo könntest Du Dir vorstellen hinzureisen?
  4. Welche Literatur liest Du auf Reisen am liebsten?
  5. Bist Du schon einmal wegen eines Buches/Autors/Films in ein Land gereist und wohin?
  6. Wie bereitest Du Dich auf eine Reise/Tour vor?
  7. Hast Du schon mal eine Begegnung mit einem gefährlichen Tier gehabt?
  8. Was war Dein lustigstes Fremdsprachenerlebnis?
  9. Gibt es eine Stadt, die Dir besonders gut gefallen hat und warum?
  10. Hast Du ein Land/eine Gegend bereist, in der Du Dir wünschen würdest zu leben und warum?
  11. Gibt es eine Traumreise/-tour in Deinem Leben oder hast Du sie gar schon gemacht?
Unterwegs auf der meiner Traumreise - Death Valley, California
Unterwegs auf meiner Traumreise – Death Valley, California

Ich weiß, dass ich das Stöckchen jetzt natürlich jemandem zuwerfen müsste, stelle aber fest, dass ich in der Blogosphäre der Reise/Tourenblogs gar nicht so verwurzelt bin. Ich mach es also so: wer immer meine wohl überlegten und mit echtem Interesse ausgewählten Fragen beantworten will, der schnappe sich das Hölzchen und mache ein Stöckchen daraus!

Und natürlich freue ich mich darüber, wenn ich dann auch davon erfahre, entweder z.B. als Kommentar hier oder auf Twitter unter @claudiaplaudert.

Badlands NP, South Dakota #ReisenUSA

Die Kombination aus Verwitterungslandschaft und Grasprärie prägt den Badlands NP
Die Kombination aus Verwitterungslandschaft und Grasprärie prägt den Badlands NP

Auf der selben Reise, von der ich bereits über den Besuch beim Devils Tower berichtete, stand auch der Badlands National Park im Programm. South Dakota lag eigentlich ein wenig abseits unserer Rocky Mountains Route, aber nach ein paar richtig kalten Nächten auf Campingplätzen im Grand Teton und leicht überfülltem Yellowstone NP lockte nicht nur die wärmende Sonne der Prärie, sondern auch ein Ruhetag in einem weniger gut besuchten Nationalpark.

So hatten wir kein Problem gleich einen netten kleinen, gut ausgestatteten privaten Campingplatz zu finden, um den Nachmittag als längst überfälligen Waschtag zu nutzen.

Ich mag sie, diese gemütlichen 'Laundry-days' auf Campingplätzen. Meist einer der wenige Tage, an denen das Zelt an Ort und Stelle bleibt, Zeit ist das Auto mal aufzuräumen, zu lesen, Reisetagebuch aufzufüllen oder einfach nur die Seele baumeln lassen!
Ich mag sie, diese gemütlichen ‚Laundry-days‘ auf Campingplätzen. Meist einer der wenige Tage, an denen das Zelt an Ort und Stelle bleibt, Zeit ist, das Auto mal aufzuräumen, zu lesen, Reisetagebuch aufzufüllen oder einfach nur die Seele baumeln zu lassen!
...und natürlich Muße für ein leckeres Abendessen!
…und natürlich Muße für ein leckeres Abendessen!

Der nächste Tag konnte dann voll der Erkundung der Badlands gewidmet werden, und zwar zum Teil im Auto (klar, wir sind schließlich in den USA!) …

Außer Kühen haben wir leider kein anderes 'Wildlife' gesehen...

Außer Kühen haben wir leider kein anderes ‚Wildlife‘ gesehen…
...oder zum Glück!
…oder zum Glück!

…aber auch zu Fuß in einer ausgiebigen Wanderung durch das heiße, trockene Erosionsland. Kaum verwunderlich, dass wir auf unserer ca. zweistündigen Wanderung keine Menschenseele getroffen haben, die meisten der eher wenigen Besucher der Badlands halten sich an die Aussichtspunkte entlang der Straße.

Ich bin kein Fan von großer Hitze, aber alle Arten von Wüstenlandschaften beeindrucken mich. Der erste Eindruck von langweiliger, farbloser Ödnis, die bei genauerer Betrachtung ihre ganz eigene Schönheit offenbart. Man muss der Landschaft nur Zeit geben ihre Reize, die sowohl in den Details als auch in der Weite zu finden sind, zu entfalten.

Die Badlands sind ein abseits der Hauptrouten gelegener Nationalpark, vielleicht ein wenig im Schatten des großen Yellowstone NP, scheinbar unspektakulär und weder bei einheimischen noch ausländischen Touristen sonderlich populär. Der Park liegt allerdings in der Nähe der Attraktion Mount Rushmore, was sicher einige Besucher ‚im Vorbeifahren‘ anlockt. Ich mag sie, diese stillen Parks und Landschaften, die unterschätzten Juwele. Erst hier lerne ich das Land wirklich kennen, auf den Routen weitab vom Touristentrubel, in kleinen verschlafenen Städtchen, auf Campingplätzen, die nicht von Touristen-Mobilhomes bevölkert sind. Klar hat mich Yellowstone auch beeindruckt, und klar hat man auch dort seine einsamen Plätzchen gefunden und nirgends sonst bin ich Bisons so nahe gekommen (und bestimmt schreibe ich darüber auch irgendwann etwas!) aber beim Laufen durch die karge Landschaft der Badlands bleibt das Gefühl zurück etwas Besonderes, Einmaliges erlebt zu haben.

…und wenn einem zum Abschluss des Tages die Farben eines wunderschönen Sonnenuntergangs geschenkt werden, weiß das Reiseherz gar nicht wohin mit den vielen ‚Hachs‘, ‚Ahs‘ und ‚Ohs‘ 😉