Nun ist es also soweit, wir, die IronBlogger München, veranstalten unsere zweite Blogparade. Das Thema: Leidenschaft.
Lange hatte ich Zeit über diesen Artikel nachzudenken, wovon er denn handeln soll. Hat nicht jeder Mensch mindestens eine Leidenschaft? Eher sogar mehrere, je nach Definition. Ich für mich habe festgestellt, wirklich viele Dinge im Leben richtig gerne zu machen, um es mal oberflächlich amerikanisch auszudrücken ‚I love to …‘ kommt in meinem Wortschatz (übersetzt natürlich) richtig oft vor. Bergwandern, wandern, reisen gehören da genauso dazu wie gut Essen, beim Fußball mitfiebern, mit Freunden Zeit verbringen, schwimmen oder was spielen, ein Leben ohne Lesen kann ich mir gar nicht recht vorstellen. Aber sind das Leidenschaften? Etwas, wofür ich alles stehen und liegen lassen würde, einen Großteil meiner Freizeit damit verbringe? Irgendwie hab ich an zu vielen Dingen Interesse, als dass aus einem eine große Leidenschaft entspringen würde oder positiv ausgedrückt, vielleicht sind es einfach zu viele kleine Leidenschaften, wer weiß.
So bin ich vor ein paar Jahren, 2010, um genau zu sein, auf die Suche gegangen – nach einer echten Leidenschaft. Augenzwinkernd würde man das bei Männern wohl Midlife Crisis, bei Frauen eher Selbstfindungstrip nennen.
Ein klein wenig muss ich da ausholen und mit der Vorgeschichte beginnen, bevor wir an der Stelle ‚wie ich meine Leidenschaft nicht fand…‘ ankommen – Achtung! Da ich zu der (schmunzelnd) Gruppe der ‚Ego-Blogger‘ gehöre (das sind die, die nicht so recht einzuordnen sind), wirds nun ein kleines bisschen persönlich 🙂
2009 lernte ich einen jungen US-Amerikaner (Chris) im Internet kennen. Er war leidenschaftlicher Fallschirmspringer, bis er bei einem schweren Unfall sein Genick brach und seitdem vom Oberkörper abwärts gelähmt ist. Während des Unfalls, der in der Luft passierte, lief seine Helmkamera mit und er hat das Video auf seiner Youtube-Seite geteilt. Gruselig. Über mehrere Monate hatten wir losen Kontakt und ich fing an, mich mit der Welt der Fallschirmspringer auseinanderzusetzen. Eine in den Bann ziehende faszinierende Welt.
Ich lernte schnell, dass Fallschirmspringen ohne Leidenschaft nahezu nicht existiert, und hier meine ich, Leidenschaft mit Hang zur Obsession. Ich erlebte (über die Verbindungen in sozialen Netzwerken) wie Unfälle passierten, Skydiver tödlich verunglückten, schwere Verletzungen davon trugen und die Gemeinschaft der (natürlich auch Fallschirmspringenden) Freunde in ein Flugzeug steigt und zum Gedenken eine besondere Formation springt. Alles irgendwie extrem und ziemlich abgedreht.
Und genau das hat mich gepackt. Ich wollte unbedingt herausfinden was das ist, wie sich diese Leidenschaft anfühlt, da musste doch was dahinterstecken. Ich wollte da dabei sein.
Und so kam es, dass ich im Juni 2010 einen einwöchigen Fallschirmkurs belegte. Gleich das volle Programm, zwei Tage Theorie, dann in den Flieger und alleine rausspringen. So der Plan. Wir waren ein kleines Grüppchen von vier Leuten im Kurs, zwei ganz junge, myself und einer nur ein bisschen jünger wie ich. Schnell lernten wir uns kennen und es war klar, wer mit wem ein Team
bildete. Zwei Tage Theorie und Vorbereitung vergehen schnell, man übt alle Handgriffe, lernt so ziemlich alles was schiefgehen kann und hört unzählige Geschichten über Unfälle. Landen im Baum, hängen bleiben an der Oberleitung sind da noch die harmlosesten. Am Nachmittag des zweiten Tages war der erste Sprung geplant – es regnete. Am nächsten Tag: Regen. Zwei weitere Tage: Regen. Vier Nächte Zeit über den Sinn und Unsinn dieses Unterfangens nachzudenken, vier Nächte alle Griffe und Aufgaben in Endlosschleife durchgehen, vier Nächte ohne Schlaf, vier Nächte Zeit für Panik.
Tag 5: strahlender Sonnenschein, am frühen Morgen alle am Flugplatz, bereit für dem ersten Sprung. Bereit? An diesem Morgen erkannte ich nach vier Nächten voller Zweifel die Lösung, ich musste ja gar nicht springen, das war doch meine Entscheidung. Ich konnte einfach nein sagen.
Das Erlebnis des Springens aus 4000m Höhe wollte ich mir aber nicht ganz entgehen lassen. Dafür hatte ich zuviel Energie investiert und zuviel Lust bekommen. Während meine Kursbegleiter ihren ersten Alleinsprung wagten, vertraute ich mich in einem Tandemsprung einem dieser leidenschaftlichen Fallschirmspringer an.
Es war eines der extremsten Erlebnisse, die ich jemals hatte und auch wenn ich am Ende meines persönlichen Videos sage ’nie mehr wieder‘, ich werde das sicher irgendwann wiederholen. In den eineinhalb Minuten der Freiflugphase bin ich durch eine Welle von Emotionen durch, die nicht zu beschreiben sind, und würde Fallschirmspringen nur aus diesem Anteil bestehen, ich wäre der Leidenschaft erlegen. Zumindest habe ich für kurze Zeit verstanden, aus was die Leidenschaft besteht.
Die Leidenschaft fürs Fallschirmspringen wurde nicht geweckt, geblieben ist die Erkenntnis, dass ich niemals alle meine freie Zeit nur in eine Sache stecken möchte, dafür bin ich einfach zu vielseitig veranlagt. Und immer nur mit Fallschirmspringern zusammen zu hängen und übers Fallschirmspringen zu reden schien mir dann doch zu einseitig.
Geblieben ist mir außerdem eine schöne Freundschaft aus dem Kurs, hinzugekommen sind Freundschaften in den USA, die jeden Teil dieses Abenteuers wert waren. Aber das ist dann eine andere Geschichte 🙂
Chris habe ich übrigens immer noch nicht persönlich kennengelernt, da er inzwischen nach Dubai ausgewandert ist. Irgendwann, ich habe die Hoffnung da noch nicht aufgegeben, werden sich unsere Wege kreuzen.
Das war mein Beitrag zum Thema Leidenschaft, lest doch noch mehr, es wird jeden Tag im April einen neuen Artikel von einem Münchner IronBlogger geben. Gestern schrieb Nadine auf KulturNatur und morgen Alexandra von Traveling the World. Viel Spaß!