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Palmherzen – Laura Lee Smith

Laura Lee Smith  Palmherzen

Die Frage ist, empfehle ich ein Buch, das mich zwar sehr berührt, dessen Geschichte aber von einer traurigen Deprimiertheit geprägt ist. Oder lass ich die Empfehlung einfach sein und beschreibe Inhalt und Stimmung, sodass sich jeder selber entscheiden kann, es zu lesen oder zu lassen …

Palmherzen kommt daher mit einem ansprechend positiv stimmenden Cover, das eher einen leicht beschwingten fröhlichen Roman erwarten lässt.

Erzählt wird, über einen Sommer lang, die Geschichte der etwas heruntergekommenen, zum Alkohol neigenden, aber mit hinreißendem Charme ausgestatteten Jungs der Familie Bravo im kleinen verschlafenen Nest Utina, Florida, ihrer Frauen und der skurrilen Figuren des Ortes. Gespickt mit Blicken in die Vergangenheit, durchleben wir mit der Familie in der drückenden schwülen Hitze, die einen Sommer im Norden Floridas auszeichnet, wie sich das Leben und die Umgebung Veränderungen hingeben muss.

Wer schon einmal durch eine dieser typischen Kleinststädte im Südosten der USA gefahren ist, hat sie vielleicht aufgeschnappt, diese bleierne, alles verlangsamende Atmosphäre. Die Zeit scheint vor Jahrzehnten stehen geblieben zu sein, jeder kennt jeden, Veränderungen wollen nur schwer akzeptiert werden.

„Achthundert Garnelen am Tag.  Jeden einzelnen Morgen nahm er die Tiere aus, aber er beschwerte sich nie. Sein Rhythmus war heldenhaft, er arbeitete nahezu perfekt präzise, wenn man von dem dicken Narbengeflecht auf seinen Daumen und den Ballen der braunen Hände absah. Von seinen sechzig Jahren hatte er fünfundvierzig in einem Meeresfrüchterestaurant gearbeitet, hatte sein Leben in Einlegewasser und Lake von rohem Fisch und Krustentieren mariniert und seine Enttäuschungen im mitleidlosen Kessel der Friteuse versenkt. Es war ein gutes Leben, sagte er oft, auch wenn es stank.“

Die Sprache ist treffend und die Übersetzung – meiner Meinung nach – hervorragend, denn sie kann die Gerüche, die Emotionen, die Deprimiertheit, die Ängste, eben das Leben der Menschen zu mir transportieren.

Am Ende hab ich ‚Palmherzen‘ versöhnt zur Seite gelegt!

Lesetipp – Im Licht von Apfelbäumen

Das muss jetzt gleich raus. Das sitzt noch in den Knochen, weil ich es gerade fertig gelesen zur Seite gelegt habe.

‚Im Licht von Apfelbäumen‘ (The Orchadist) von Amanda Coplin.

Es gibt Geschichten, die sind genau das, Geschichten. Sie spielen in einer anderen Zeit  und zu Beginn des Lesens ist man sich erstmal gar nicht bewusst, dass man sich nun auf eine andere Zeitebene einstellen sollte. Aber vielleicht ist das auch gar nicht nötig, vielleicht wird man so oder so in den Bann gezogen, erst ohne es zu merken, später überrascht realisierend, dass es das Hier und Jetzt auch noch gibt.

Wir begeben uns ins ausgehende 19./beginnende 20. Jahrhundert, wo im Nordosten der USA das tragische Leben des Obstplantagenbauers Talmadge seinen Lauf nimmt. Schicksalsschläge scheinen sein Leben zu begleiten, aber irgendwie scheint er sie durch seine einsame, wortkarge, wohl auch etwas feige Art selber auszulösen. Man ist immer wieder versucht ihn zu schütteln, ihm begreiflich zu machen, dass er nicht alles einfach geschehen lassen sollte, aber gerade als er die Dinge selber in die Hand nimmt, löst er damit nur noch mehr Schmerz aus. Mit so vielen schönen Worten uns die Geschichte von der Autorin erzählt wird, so gefangen sind Talmadge und die wenigen zu seinem Leben gehörenden Personen in ihrer traurigen Sprachlosigkeit.

Viel wird nicht erklärt, zu den Schicksalen, die uns im Buch begegnen, aber erfahren tut der Leser alles, das Ausmalen findet in der Phantasie statt, die Personen werden vom Leser mitgestaltet, der Text gibt den Raum dazu. Wir können unsere eigenen Sympathien zu den Protagonisten aufbauen, oder es lassen. Es bleibt eine Geschichte, wie sie hätte sein können oder eben auch nicht.

Mich hat sie für zwei Tage in eine andere Welt entführt und auf besondere Art berührt, ein bisschen traurig gemacht, aber versöhnlich zurückgelassen – es ist eben ’nur‘ eine Geschichte!

Ein stibitztes Lese-Blogstöckchen #buchstöckchen

Ja, ich habs mir stibitzt, das #buchstöckchen von Wibke, das ist aber auch zu verlockend. Fragen zum Lesen, über Bücher, das ist ja wie wenn eine Schüssel voller Erdbeeren vor mir steht und ich dürfte keine nehmen, pfff. Also greif ich einfach mal zu. Was so ein Blogstöckchen ist und wozu es gut ist – außer, dass es Spaß machen sollte – kann man hier beim Ausgangsartikel von Sinn und Verstand nachlesen.

…und schon gehts los!

Welches Buch liest Du momentan?

Warum liest Du das Buch? Was magst Du daran?

Ich bin in der glücklichen Lage hin und wieder von einer befreundeten Buchhändlerin, die ihre Belletristikabteilung mit Herzblut führt, Leseexemplare zu bekommen, zu denen ich ihr dann ausführliche Besprechungen liefere. Meist landen amerikanische Autoren bei mir, gerne Erstlingswerke, hin und wieder auch mal ein Krimi. So hat auch dieser Erstling von Kristopher Jansma seinen Weg zu mir gefunden.

Gleich morgens hab ich mit dem Lesen begonnen und bin nach 50 gelesenen Seiten kurz aufgetaucht, um dann den Rest des Tages in der Lektüre zu versinken. Das mag ich. Gefesselt werden von der ersten Seite, viel zu schnell lesen, um am Ende nach Luft schnappend wieder in der Realität zu landen.

Wurde Dir als Kind vorgelesen? Kannst Du Dich an eine der Geschichten erinnern?

Oh ja! Mir (uns) wurde immer vorgelesen. Auch als wir schon längst selber lesen konnten, gab es vorgelesene Gute-Nacht-Geschichten. Mein absolutes Lieblings-Vorlesebuch war ‚Das alte Haus‘ von Wilhelm Matthießen. Viele Jahre später hab ich es dem Vater meines Patenkindes geschenkt, der sich über die zungenbrechenden Namen im Buch beschwert hat. Ich musste darüber ziemlich lachen, weil ich das Buch tatsächlich weder selber gelesen, noch jemandem vorgelesen habe. Das wiederum erinnerte mich an die ‚Brautprinzessin‘ von William Goldman.

Gibt es einen Protagonisten oder eine Protagonistin, in den / in die Du mal regelrecht verliebt warst?

Ohne Zögern: Winnetou. Ich war vielleicht elf oder zwölf als ich anfing Karl May zu lesen und habe im Laufe von ein paar Jahren alle Winnetou bzw. Western-Bände gelesen.

In welchem Buch würdest Du gern leben wollen?

In keinem. Bücher, die Geschichten in Büchern, sind besondere Rückzugsorte vor der Realität. Und auch wenn man sich in eine Geschichte hineinträumt, es bleibt Phantasie. Leben findet für mich hier und jetzt statt.

Welche drei Bücher würdest Du nicht mehr hergeben wollen?

Puh, ich hab ein ganzes Regal voller ‚Bücher, die ich nicht missen will‘. Also treffe ich jetzt eine Auswahl von drei Büchern/Autoren, die in einer Stunde/einem Tag/einer Woche wieder ganz anders aussehen würde – aber das ist bei der Fülle an prägender Literatur wohl verzeihbar 😉

Pablo Casals ‚Licht und Schatten‘

John Irving ‚Owen Meany‘ und noch der ein oder andere frühe Irving…

Wilkie Collins ‚Gefallene Blätter‘ und alle anderen…

Ein Lieblingssatz aus einem Buch?

„Aber das ist eine andere Geschichte“. Aus: ‚Die Unendliche Geschichte‘ von Michael Ende.

…und weil ich mir das Buch/Blogstöckchen einfach so angeeignet habe, weiß ich jetzt gar nicht, wem ich es denn zuwerfen sollte. Daran hab ich beim Stibitzen nicht gedacht.