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Wuensche

Ich muss da mal was loswerden, was mir schon eine ganze Weile im Kopf herumspukt, weil es mich beschäftigt. Und da ich ja hier so eine hübsche Plattform habe, lasse ich es jetzt, hier, an dieser Stelle raus und dann ist auch wieder gut, vielleicht, für eine Weile, so über die Tage oder so.

Zu einer meiner Highlights diesen Jahres gehört ein sehr persönlich geführter Rundgang durch die Gebäude unseres deutschen Bundestages in Berlin. Als wir uns im Mai in Berlin zu dieser Besichtigung verabredet hatten dachte ich mir, toll, das ist sicher eine interessante Sache. Was ich nicht erwartet hatte, war die völlig neue Einsicht in den Apparat ‚Demokratie‘. Mal davon abgesehen, dass unser Begleiter selber mit sichtlicher Begeisterung um Ecken gebogen, Treppen auf und ab gestiegen, durch Gänge geeilt ist oder neue Räume erkundet hat, strahlen die Gebäude durch ihre Kombination aus offener Architektur, altehrwürdigem Flair, jeder Menge Hauch von Geschichte, gemischt mit dem Bewusstsein, dass hier einem Ameisenhaufen gleich viele Menschen im Hintergrund ernsthafte, redliche Arbeit leisten, tatsächlich so etwas wie gelebte Demokratie aus.

Am Ende diesen Tages hatte ich den Gedanken, dass wirklich jeder Bürger unseres Landes einmal im Leben ’seine‘ Regierungsgebäude zu sehen bekommen sollte, die Möglichkeit haben sollte wenigstens ansatzweise zu erfahren wie sich Demokratie ‚anfühlt‘.

Ich halte mich selber für einen durchschnittlich politisch interessierten Menschen, ich habe Meinungen zu bestimmten Themen, aber außer, dass ich mein Recht zu wählen nutze und mich versuche über Entwicklungen auf dem laufenden zu halten, bin ich nicht sonderlich aktiv.

Was mir in den Räumen des Bundestages wieder vor Augen geführt wurde, war das Bewusstsein, dass auch die, für uns normalen Wähler manchmal so unnahbar und unantastbar aussehenden Politker, bei näherer Betrachtung zu einfachen Menschen ’schrumpfen‘.

Ich habe viele Jahre einen kleinen Verlag vertreten. Ich habe meine Aufgabe immer sehr ernst genommen und, wie es schon im Namen zu erkennen ist, die Produkte, das Image, die Kollegen nach außen ‚vertreten‘. Das war mein Job, dafür habe ich Geld bekommen, dahinter bin ich gestanden. Zu einer solchen Aufgabe gehört ein hohes Maß an Vertrauen, von allen Seiten. Wenn ich Fehler gemacht habe, dann habe ich sie zugegeben, mich entschuldigt und wenn möglich in Ordnung gebracht, das tut man so, das ist normal, das ist menschlich, das wird von mir erwartet, das erwarte ich von anderen, denn Fehler passieren, jedem, immer wieder.

Unsere Politiker nennen sich ‚Volksvertreter‘, sie sind gewählt, sie haben von ihren Wählern, uns allen, einen Auftrag bekommen, nämlich uns, das Volk, die Bürger, zu vertreten. Sie haben mit unserer Stimme unser Vertrauen bekommen und es wäre wirklich an der Zeit, dass sie sich dieses Vertrauens würdig erweisen.

Ich möchte mich vertreten sehen von Menschen, die ihre Fehler eingestehen können. Ich möchte keine fadenscheinigen Rauswindungsversuche, sondern klare Eingeständnisse und ehrlich gemeinte Entschuldigungen. Ich habe es satt mir anzuhören den Gürtel enger zu schnallen, während meine Vertreter auf höchster Ebene einsäckeln was einzusäckeln ist. Ich will nichts mehr hören von Rückendeckungen, wenn das Kind bereits im Brunnen ertrunken ist. Ich habe es satt, dass schwerwiegende Delikte um des politischen Friedens willen als Bagatellen abgetan werden.

Ich will eine Demokratie, die diesen Namen verdient, ich möchte endlich mal wieder aus Überzeugung meinem Wahlrecht nachgehen und nicht die als ‚geringstes Übel‘ empfundene Partei oder Person wählen, ich will mehr Ehrlichkeit und weniger Wahlkampf, ich will, dass die Politik sich endlich wieder des Vertrauens würdig erweist, dass die Bürger durch ihre Stimme einfordern, ich habe es satt nicht informiert zu werden oder mir Lügen anhören zu müssen, ich will, dass jeder Mensch in diesem unglaublich reichen Land gesehen und vertreten wird und ein Leben in Würde führen kann.

Ich denke, das ist nicht zuviel verlangt! Ich denke es wird Zeit, dass Politiker sich besinnen und ihren Auftrag ernst nehmen! Ich denke es wird Zeit, dass Demokratie als das hohe Gut gesehen wird, zu dem sie sich einmal entwickelt hatte und nicht mehr aus niederen, machtpolitischen Motiven mit Füßen getreten wird!

…naja, es ist Weihnachten, da kann man doch mal Wünsche äußern!

Reise-Kuechen-Gadget

Nachdem die Kollegen vom O’Reilly Verlag einen Küchengadget-Blog-Aufruf gestartet haben, hab ich mich in meiner Küche mal umgeschaut, ob ich auch was würde beitragen können.

Tja, irgendwie bin ich wohl nicht so die ‚Küchenfrau‘, aber da mich die beste USA-Campingurlaubs-Reisepartnerin aller Zeiten aufgrund meines superpraktischen, handlichen Überlebens-Schweizer-Taschenmessers ‚MissGyver‘ getauft hat, sollte es hier doch zumindest eine Erwähnung finden. Jaaa, ihr Jungs da draußen, ihr werdet mich selten ohne mein liebstes ‚Gadget‘ antreffen!

OK, ich gestehe, zum Dosen öffnen wird es eher selten verwendet, das eigentliche Einsatzgebiet liegt hier…

Neeee Leute, nicht zum Ananas schneiden …

…womit wir ohne auch nur ansatzweise über eine geschickte Überleitung nachdenkend wieder in meiner Küche landen! Bei den …

Tassen.

Nein, es sind nicht übermäßig viele, aber doch mehr als ich jemals brauchen werde.

Nun sind wir uns wohl darüber einig, dass es nicht immer darum geht etwas ‚unbedingt zu brauchen‘.

Ich liebe es, von Reisen eine besondere Tasse mitzubringen. So hat es sich auf den Campingreisen in den USA zu einem geliebten Ritual entwickelt, am ersten Tag auf die Jagd nach einer Tasse zu gehen, aus der in den folgenden Wochen dann vom morgendlichen Tee, über Saft, Wasser, Kaffee bis hin zum abendlichen Wein alles getrunken wird.’Die Tasse‘ ist das meist gespülte Geschirrteil auf Reisen.

Der eigentliche Mehrwert des (meist einzigen) Souvenirs zeigt sich aber erst zu Hause. Natürlich ist die neu erworbene Tasse für Wochen der Favorit unter den Schätzen, und ebenso haben sich über die Jahre Alltime-Favoriten herauskristallisiert, aber niemals hat auch nur eine das Schicksal des völlig ignoriert werdens erleiden müssen!

Selbst an einem muffeligen Morgen ist es mir ein stilles Vergnügen aus dem Sortiment zu wählen und mich zumindest kurzzeitig an den jeweiligen Ort zu versetzen – ist mir heute wohl nach New York oder lieber Niagara Falls, steht Boston auf dem Programm oder Barcelona, Ampelmännchen aus Berlin oder gestehe ich mir ehrlich ‚I don’t do mornings‘ zu?

Nicht die schlechteste Art, den Tag zu beginnen, finde ich 🙂

Im Sommer kam noch ein ganz besonderes Stück zur Sammlung hinzu, und ich freue mich immer noch, wenn ich den Spruch von Heinrich Heine lese, den man mir zugedacht hat und der so wunderbar zu mir passt:

„In meinem Hirne rumort es und knackt, ich glaube da wird ein Koffer gepackt, und mein Verstand reist ab – o wehe – noch früher als ich selber gehe“ 🙂

In diesem Sinne, bis morgen dann!

Leseabenteuer USA

Mein Kindle und ich…

Ich lese seit ich lesen kann, also ca. die letzten 40 Jahre, Bücher. Viele Bücher. Ich kann mich nicht an eine Zeit entsinnen, auch nicht als junge Leserin, in der nicht irgendwo in meiner Nähe ein Buch herumlag oder mehrere. Als Jugendliche waren die Sommerferien und die vier Wochen Urlaub, die meine Familie immer gemacht hat, eine echte Herausforderung an die Buchorganisation in der örtlichen Stadtbücherei.

Inzwischen ist einiges an Jahren vergangen, mich hat es beruflich in die Buchbranche verschlagen – irgendwie nahe liegend – und in dieser hat sich wiederum in den letzten Jahren vieles verändert und Neues entwickelt.

Bis ich vor gut drei Monaten meine Außendiensttätigkeit beim O’Reilly Verlag aufgegeben habe, hatte ich mich zwar theoretisch und aus beruflichen Gründen mit dem Bereich eBooks und eReader beschäftigt, das Anwenden eines solchen für mich persönlich aber immer abgelehnt – vehement abgelehnt. Nein, so was will ich nicht, ich will ein Buch, Papier in den Händen halten, blättern, will, dass das Buch nach dem Lesen auch gelesen aussieht, es ins Regal stellen und mich auch später noch daran erfreuen, indem es meine Wohnung heimelig macht.

Nun habe ich zum Abschied von meinen Kollegen ein Kindle geschenkt bekommen. Ich dachte, dass es eine gute Idee ist, für eine dreimonatige Campingreise durch die USA einen eReader in der Tasche zu haben. Ich dachte, dass ich mir dann Reiseführer, meine Kameraanleitung, hin und wieder eine Zeitung runterladen kann. Meine Lektüre sollte weiterhin in Büchern bestehen.

Alles kam anders als ich dachte.

Ich habe mich verliebt in meinen Kindle und ich wäre regelrecht Lese-verhungert ohne ihn!

Die Bedienung ist super einfach und komfortabel, mein Konto bei Amazon von .de auf .com zu wechseln funktionierte in ein paar Klicks, der Akku hält gefühlte Ewigkeiten, wenn frau nicht vergisst ihn offline zu schalten :-), er ist leicht, handlich und das Display hervorragend, bei einigermaßen gutem Netz dauert das Laden eines 1000-Seiten Buches eine Minute, tja, und man kann die Schriftgröße verstellen.

Da ich gerne und viel auf englisch lese, hatte ich mir nur für den Flug ein ‚Notbuch‘ mitgenommen und eines auf den Reader geladen. Schließlich stand als erstes Ziel drei Tage Boston auf dem Programm und der obligatorische ‚ich decke mich mit Büchern ein‘-Besuch in einer Buchhandlung.

Nun, es kam wie es von mir in dieser Dramatik nicht erwartet war – haben wir Buchmenschen doch alle den Konkurs der Buchhandelskette Borders in den USA mitverfolgt – ich habe keine Buchhandlung im fußläufigen Innenstadtbereich gefunden. Da kann dann schon mal leichte Panik aufkommen. Jeder, der gerne liest kennt wohl dieses Gefühl des Nichts-zu-lesen-Ausgeliefertseins, der Albtraum die Abendstunden ohne Lesestoff füllen zu müssen und das über mindestens drei Wochen bis zur Ankunft in Chicago. Es schaudert mich jetzt noch.

Aber … ich hatte ja ein Kindle dabei! Und in der Not … habe ich in einer der unzähligen Food/Coffee-Ketten der USA das WiFi genutzt und mir ein Buch runtergeladen. Ich habe ein Kindle mit 3G, könnte also auch übers Telefonnetz, was aber etwas länger dauert.

Ich muss gestehen, in diesem Moment musste ich mich ordentlich disziplinieren. Der berühmte Ein-Klick und ein 500-Seiten-Werk ist in 30 Sekunden auf dem Reader – und das Geld vom Konto ;-), warum also nicht gleich auf Vorrat kaufen? Schließlich wird man doch geschickt nach jedem Kauf sofort auf weitere Literatur, die einen interessieren könnte, hingewiesen!

Ich habe mir einfach bewusst gemacht, dass ich keinen Stress habe auf Vorrat einzukaufen. Schließlich kann ich jetzt nahezu überall zu jeder Tageszeit an Lesestoff gelangen. Ein Traum!

So bin ich eines Abends irgendwo in den Wäldern Neuenglands im Zelt gelegen und habe ein Buch ausgelesen (was bei einem eReader bedeutet: ich habe 100% des Buches gelesen!). Was nun? Schneller Check, gibt es ein Netz, es gab, ein bisschen im Shop gestöbert und schwupp konnte ich ein neues Buch beginnen.

Mal von der User-Freundlichkeit abgesehen, war es für mich auch eine echte Frage des Preises. Auf dem amerikanischen Markt kann die eBook-Version einer aktuellen Neuerscheinung schon mal 60% günstiger sein als das gedruckte Hardcover. Bei Berechnung in Dollar und Abbuchung in Euro gibt’s noch mal einen Abschlag – für mich als Endkundin ein ziemlich überzeugendes Argument!

Als ehemalige Buchhändlerin und Verlagsmitarbeiterin hat mir das Herz geblutet.

Und unter diesen Aspekten scheint es kein Wunder, dass ich in keiner der drei großen Städte, in der ich mehrere Tage war (Boston, Chicago, San Francisco) eine einzige (gut sortierte) Buchhandlung in der Innenstadt gefunden habe. Und das ist eine drastische rapide Veränderung, die in den letzten 3-5 Jahren statt gefunden hat – mich hat es schockiert.

Nach sieben Wochen bin ich in Santa Barbara angekommen und habe das Büro von Rocky Nook besucht. Wir haben dort das Phänomen Buchhandelssterben angesprochen, und siehe da, in Santa Barbara gibt es noch eine super gut sortierte, wunderbare Buchhandlung. Ich bin während meines 5-tägigen Aufenthalts gleich zweimal hin, ich hatte Nachholbedarf :-).

Da man ja nie weiß, hab ich mich gleich mal mit vier Büchern bestückt – soviel zum Thema ‚Vorratsspeicherung‘ ;-).

Übrigens haben sich Flughäfen (z.B. in San Francisco, nachdem die Stadt an sich auf Buchhandlungen verzichtet) auf meiner Reise als beste Quelle der Buchbeschaffung erwiesen!

So wurde ich zur ‚Wechselleserin‘. Ich habe es genossen wieder ein echtes Buch in der Hand zu haben, Papier zu riechen und zu fühlen, hin und her zu blättern. Aber ich weiß inzwischen auch die vielen Vorteile eines eReaders zu schätzen, möchte ihn nicht mehr missen und werde wohl auch in Zukunft zweigleisig lesen.

Da ich nun Besitzerin eines Kindle bin, werde ich vorerst nicht das Gerät wechseln, aber natürlich gibt es  Alternativen. Ich hätte mich wohl für den Kobo (www.Kobo.com) entschieden, wenn er im Sommer vor meiner Abreise in Deutschland bereits lieferbar gewesen wäre. Schon weil man auf ihm auch EPUB-Formate lesen kann, für jeden Bibliotheksabonnenten unverzichtbar und man mit ihm ebenso an eine hervorragende Auswahl englischer Literatur gelangen kann.

Und da es mir nach wie vor schwer fällt auch den seichtesten Krimi in die Tonne zu werfen, war ich richtig froh, dass in meinem All-inclusive-Hotel an der mexikanischen Karibikküste sich Buch- und eBook-Leser die Waage hielten und es eine in allen erdenklichen Sprachen gefüllte, rege genutzte Tauschbibliothek gab!

Ganz persönlich kann ich sagen, ich finde die Entwicklung spannend, erschreckend und unaufhaltsam!

Ein ganz herzliches Dankeschön an die besten Kollegen, die man sich wünschen kann für das ‚lesensrettende‘ Abschiedsgeschenk!!!