Das muss jetzt gleich raus. Das sitzt noch in den Knochen, weil ich es gerade fertig gelesen zur Seite gelegt habe.
‚Im Licht von Apfelbäumen‘ (The Orchadist) von Amanda Coplin.
Es gibt Geschichten, die sind genau das, Geschichten. Sie spielen in einer anderen Zeit und zu Beginn des Lesens ist man sich erstmal gar nicht bewusst, dass man sich nun auf eine andere Zeitebene einstellen sollte. Aber vielleicht ist das auch gar nicht nötig, vielleicht wird man so oder so in den Bann gezogen, erst ohne es zu merken, später überrascht realisierend, dass es das Hier und Jetzt auch noch gibt.
Wir begeben uns ins ausgehende 19./beginnende 20. Jahrhundert, wo im Nordosten der USA das tragische Leben des Obstplantagenbauers Talmadge seinen Lauf nimmt. Schicksalsschläge scheinen sein Leben zu begleiten, aber irgendwie scheint er sie durch seine einsame, wortkarge, wohl auch etwas feige Art selber auszulösen. Man ist immer wieder versucht ihn zu schütteln, ihm begreiflich zu machen, dass er nicht alles einfach geschehen lassen sollte, aber gerade als er die Dinge selber in die Hand nimmt, löst er damit nur noch mehr Schmerz aus. Mit so vielen schönen Worten uns die Geschichte von der Autorin erzählt wird, so gefangen sind Talmadge und die wenigen zu seinem Leben gehörenden Personen in ihrer traurigen Sprachlosigkeit.
Viel wird nicht erklärt, zu den Schicksalen, die uns im Buch begegnen, aber erfahren tut der Leser alles, das Ausmalen findet in der Phantasie statt, die Personen werden vom Leser mitgestaltet, der Text gibt den Raum dazu. Wir können unsere eigenen Sympathien zu den Protagonisten aufbauen, oder es lassen. Es bleibt eine Geschichte, wie sie hätte sein können oder eben auch nicht.
Mich hat sie für zwei Tage in eine andere Welt entführt und auf besondere Art berührt, ein bisschen traurig gemacht, aber versöhnlich zurückgelassen – es ist eben ’nur‘ eine Geschichte!