Die Frage „was hat denn nun Intoleranz mit dem Strickzeug zu tun?“ ist berechtigt. Tatsächlich gar nichts. Kurzzeitig spielte ich mit dem Gedanken eine Analogie herstellen zu wollen, aber das wäre dann echt weit hergeholt. Also erkläre ich das mal genau so, wie es ehrlicherweise ist.
Mich beschäftigt das, was gerade in den USA passiert sehr. Ich gehe mit den permanent auf meinen Social Media-Kanälen hereinfließenden Meldungen ins Bett und stehe morgens damit auf. Klar geht das Leben trotzdem seinen gewohnten Gang und klar kann ich mich immer noch an allem nur denkbar möglichen erfreuen. Nur in meinem Hinterkopf, da zwickt es, mal mehr, mal weniger. Abstellen geht nicht. Ein ganz ungutes Gefühl. Also lese ich mich weiter durch Meldungen, Diskussionen, Artikel, persönliche Posts, ja sogar Kommentare, was ich meist relativ schnell und frustriert abbreche. Twitter, das ich normalerweise nur bei Events nutze, wird nun regelmäßig durchgescrollt und der ein oder andere ‚alternativ‘-Account ist hinzugekommen. Diese Entwicklung gibt mir Hoffnung und zeigt mir, es ist nicht alles verloren.
Manchmal bin ich versucht in Diskussionen einzugreifen, lasse es meistens, weil ich davon überzeugt bin, dass es nichts bringt oder in der Masse an Kommentaren verpufft oder weil mir einfach die Energie fehlt.
In dieser vergangenen Woche hat sich mir eine Eigenschaft offenbart, die mir nicht gefällt und die ich für mich immer abgelehnt habe, Intoleranz. Gegenüber Intoleranz. Ich mag sie einfach nicht mehr tolerieren, die, die sich erhaben fühlen über andere Glaubensrichtungen, Einstellungen, Hautfarben, Nationalitäten, Geschlecht, Minderheiten …. etc. Die andere aufgrund ihrer Andersheit nicht tolerieren können und Beifall klatschen, weil sie sich von diesem Narziss im Weißen Haus in ihrer Intoleranz bestätigt fühlen. Und schlimmer noch, ich mag mich mit diesen Menschen nicht mehr auseinandersetzen. Ich mag keine energiezehrenden Diskussionen führen mit Menschen, die von ihrer persönlichen Einstellung, ihrem Lebensentwurf so überzeugt sind, dass sie anderes nicht zulassen wollen. Es erschöpft mich und ich bewundere jede/n, der/die es schafft sich zu engagieren, zu diskutieren und sich aus der Blase der ‚wir-sind-sowieso-einer-Meinung‘-Freunde hinausbewegt. Ich hingegen entfreunde, entfolge, blockiere. Meine Toleranz hat ihre Grenze erreicht.
Diese vergangene Woche hätte locker ein bunt gemischtes 4aus7 hergegeben. Es gab ein leckeres, lockeres Firmenessen mit angeregter Unterhaltung, eine schöne Chorprobe, wunderschöne knackig kalte, sonnige Wintertage, eine ausgiebige Flötenprobe, eine unterhaltsame Bundesliga-Konferenzschaltung auf Sport1fm und einen leichten Anfall von Aufräumwut in meiner Wohnung.
Und es gab eben diesen nahezu fertigen Pullover, der in einer Kiste mit unfertigen Stricksachen auftauchte. Ich hab ihn aufgetrennt. Irgendwie hab ich das wohl gebraucht. Ich hätte ihn auch wegwerfen können – wie einige andere unfertige Stricksachen – hab ich aber nicht. Der hier wollte aufgetrennt werden, um eine neue Chance zu bekommen. Ich hatte eine nicht ergründliche Freude dabei, diesen längst vergessenen Pullover verschwinden zu sehen, Reihe für Reihe, in unglaublicher Gleichmäßigkeit gestrickt.
Jetzt liegen diese Wollknäuel vor mir und ich kann etwas Neues daraus schaffen. Ja, das ist es wohl, was ich von dieser Woche festhalten möchte.