Nova Scotia – der Norden, wer eine Reise tut…

Das diesjährige Reiseziel lautete Nova Scotia, eine der nordöstlichen maritimen Provinzen Kanadas. Wieder einmal war ich 2024 alleine unterwegs. Wirklich zählen kann ich diese Alleinreisen in die USA und Kanada nicht mehr, es waren etliche. Eines hatten alle gemeinsam, es ging mir gut. Keine unlösbaren Herausforderungen, viele Begegnungen, unbeschreibliche (meist innerliche, manchmal herausgerufene) Glücksmomente, kleine,  in Erinnerung bleibende Entdeckungen. Und immer wieder Highlights, um die sich eine Reise rankt.

So auch dieses Mal. Und dennoch, ich merkte, dass es vorerst genug ist. Mehr als sonst hätte ich gerne eine Reisebegleitung gehabt, hätte meine Glücksmomente mit jemandem teilen wollen. Auf der einen Seite. Es gibt aber noch diese andere Seite, die genau weiß, dass vieles an Erlebnissen und Begegnungen nicht stattfinden würde, wäre ich eben nicht alleine unterwegs. Ich mag es morgens auf dem Campingsplatz zu sitzen und mir zu überlegen wo es heute hingehen soll oder einfach zu bleiben, weil es gerade passt. Oder mal schnell von der Straße abzubiegen, weil da ein Schild steht ‚Lighthouse‘. Im Auto schlafen zu können oder den Luxus eines Bed & Breakfast zu wählen. Es mag viel geschimpft werden über die Social Media Plattformen, für mich sind sie eine willkommene und notwendige Verbindung mit Freunden, Familie und Kolleginnen und helfen oft über Anfälle von Einsamkeit hinweg.

Ich plane nicht das Reisen alleine aufzugeben, aber es wird vermutlich eine Pause geben (ich kann das sagen, denn ich habe schon Pläne 😉 ).

In Nova Scotia unterwegs

Nun aber zum Wesentlichen. Wie war es denn nun in diesem ‚Neuschottland‘. Wie eigentlich meistens plane ich nicht so viel vorneweg, sondern habe nur eine Grobrichtung für die ersten 2-3 Tage. Ab dann entscheidet die Information aus dem Land und das Wetter. Eine Straßenkarte brauche ich unbedingt zur Vorbereitung, da bin ich altmodisch und bekenne mich als Kartenfreak. Nova Scotia hat (ähnlich wie letztes Jahr in Newfoundland) eine hervorragende Tourismus-Webseite. Dort kann man sich auch einen Reiseführer herunterladen, der alle Informationen enthält, die benötigt werden. Am überschaubaren Flughafen in Halifax bin ich noch vor Abholung des Mietwagens zum Visitor Center und habe mich mit Material eingedeckt. Es gibt eine super kostenlose Straßenkarte, auf der von Fährverbindungen über Campingplätze bis hin zu Leuchttürmen, Walbeobachtungen oder historisch interessanten Punkten alles abgedeckt ist. Unterwegs in den lokalen Visitor Center bekommt man auch alles. Richtig gut organisiert und echt hilfreich. Außerdem ist ein Plausch mit den Rangern oder Mitarbeitern dort immer einen Besuch wert.

Wie immer hatte ich nur den Flug und einen Mietwagen gebucht, relativ kurz vorher noch die erste Nacht in Flughafennähe in Halifax. Vorgenommen hatte ich mir zuerst in den Norden zu fahren, dort lockte nicht nur der Cape Breton Highlands National Park, sondern auch eine der weltweit schönsten Küstenstraßen, der Cabot Trail.

Einen kleinen Hintergedanken hatte ich bei dieser Reiseroute. Sollte es mich packen doch noch einmal ’schnell‘ rüber nach Neufundland zu wollen – mir fehlten da ein paar Ecken während der Reise in 2023 – läge der Fährhafen Sydney fast auf der Strecke. Dass es dazu letztlich nicht kam, ist der Begegnung mit einem Paar geschuldet, die gerade von Neufundland nach Nova Scotia übergesetzt waren, weil es dort nur regnete.

Das war dann der Moment, an dem ich beschloss mich ganz auf Nova Scotia zu konzentrieren und mir richtig viel Zeit zu geben diese kanadische Provinz zu erkunden. Nova Scotia ist geografisch gesehen eine Halbinsel, weil an einem kleinem Zipfel mit dem kanadischen Festland, der Provinz New Brunswick, verbunden. Gefühlt habe ich mich wie auf einer Insel bewegt, die ich an den Küsten entlang umrundet habe. Selten mal ein schneller Highway durchs Landesinnere, dann wieder gemütliches entspanntes Reisen entlang kleiner gewundener Küstenstraßen. Noch nie war ich zuvor eine ganze Reise von 16 Tagen lang nur an Küsten unterwegs.

Irgendwann wurde Nova Scotia in sogenannte ‚Tourismusregionen‘ unterteilt, deren überwiegend Küstenstraßen in Touristenrouten benannt sind. Einen Großteil davon habe ich besucht. Vernachlässigt wurden, weil eben in 16 Tagen nicht alles zu sehen ist, will man auch ein wenig Urlaub machen, der Nordwesten der Halbinsel und das gesamte Binnenland. Letzteres hatte einen eher lästigen Grund, viel Wald, viel Unterholz, viele Mücken, Zecken und anderes stechendes, beißendes Kleingetier. Das kann einem so eine schön geplante Wanderung ein wenig vermiesen, zumindest mir.

Nova Scotia – der Norden

Nach einer entspannten Nacht im Flughafenhotel ging es am Morgen los in Richtung Norden. Halifax lässt man dabei südlich vom Flughafen liegen, ich bin letztlich gar nicht in die Stadt gekommen. Mut zur Lücke oder keine Lust auf Stadt, wie immer wir es nennen mögen.

Also erst einmal an die Küste (Eastern Shore) und sehr gemütlich ohne viel Verkehr auf kleinen Straßen bis zum Cape Canso. Unterwegs natürlich immer mal wieder Stops, aufs Meer schauen, Mittagspause machen, ein bisschen an einem kleinen Fluss die Füsse vertreten und mir Zeit nehmen anzukommen.

Mein Mietauto entpuppte sich als ein recht großer SUV, der mir genügend Platz zum Schlafen bot. Ich musste also nicht nach Übernachtungsmöglichkeiten suchen, sondern konnte auf Campingplätze gehen. In einer kleineren Stadt deckte ich mich mit den fürs Frühstück notwendigen Lebensmitteln ein – Müsli, Haferflocken, Mandelmilch, Bananen und Orangensaft. Dazu noch Obst, Gemüse, Frischkäse zum dippen und das unvermeidliche Schlabberbrot für ein Sandwich zwischendurch.

Der ausgesuchte Campingplatz für die erste Nacht unterwegs lag an einem abseits gelegenen Ostzipfel der Küste in Canso. Ich war die einzige dort, steckte zur Begrüßung meine Füße in den Atlantik und unternahm eine kleine Wanderung. Erste Begegnung mit Mücken, es sollten noch mehr werden.

Holzbohlenpfad im Wald Auto im Nebel auf Campingplatz an der Küste Nova ScotiasSchlafen im Auto – ging so. Musste ich mich erst gewöhnen. Am Morgen begrüßte mich Nebel. Das sollte mir im Norden noch öfter passieren. Im Laufe des Tages wich der Nebel aber immer Sonnenschein und es wurde warm. Für meine Verhältnisse hätte es gerne ein paar Grad kühler sein können, aber wer hier mitliest weiß, ich bin ein Wintermensch.

Cape Breton Island

Am zweiten Tag ging es zügig weiter gen Norden nach Cape Breton Island. Diese große Insel im nördlichen Nova Scotia wird dominiert vom Cape Breton Highlands National Park. Hier findet man alle Straßenschilder zweisprachig vor, in englisch und gaelisch.

Entlang der Westküste wird man immer wieder an die prägenden schottischen Einwanderer erinnert. Sei es beim Besuch einer Whiskey Distillerie oder der ‚Celtic Music Coast‘.

Straßenschild in Nova Scotia in englisch und gälisch Ein Campingplatz für die zweite Nacht war schon anvisiert und entpuppte sich als Platz mit eigenem Strand, der trotz eiskaltem Wasser zum ersten Baden einlud. Bei den Waschräumen traf ich eine Deutsche (sollte noch öfter passieren), die hier mit ihrem Mann einen Dauerstellplatz mit Riesencamper hatte. Da war ich dann des abends auf ein Bierchen mit Nachbarn und nettem Geplauder eingeladen. Wie schön, gleich am zweiten Abend Gesellschaft gehabt zu haben und Tipps auszutauschen.

Leider war hier auch meine erste Begegnung mit vielen lästigen Kriebelmücken, derer ich mich mit teuer erkauftem Mückenspray erwehren konnte. Im Süden von Nova Scotia waren eher die uns bekannten Stechmücken unterwegs, da brauchte man ein anderes Spray. Ohne ging allerdings wirklich nichts. Und leider bedeutete das auch, dass ich im Auto die Fenster zum Schlafen nicht offen lassen konnte. Aber direkt am Meer wars schon schön 🙂 .

Sandstrand Wolken

kleine Wanderung musste sein

Und weiter ging es am nächsten Tag zum Nationalpark. Da das nur eine kurze Strecke zu fahren war, hatte ich noch reichlich Zeit für eine längere Wanderung.  Immer gut im Visitor Center einen Plausch mit den Rangern zu halten, die empfehlen einem einen nicht in der Karte aufgeführten, nahezu geheimen Aufstieg auf einen Aussichtsberg.

400 Höhenmeter durch verzauberten Wald, kein Mensch unterwegs und tatsächlich nur ein kleiner Pfad. Ein bisschen spooky. Später traf ich auf dem Gipfel noch eine Gruppe einheimischer Wanderer. Oben angekommen – Nebel. Dichter Nebel, super dichter Nebel. Null Sicht. Ich war erst ein bisschen enttäuscht, über eine Stunde Aufstieg und dann gar nichts. Aber so ein nebliger Zauberwald hat seinen eigenen Reiz, der Weg hat Spaß gemacht und die Bewegung hat richtig gut getan, also was solls.

Gipfel

Unten angekommen riss es auf, natürlich. Da hatte ich mir doch mein erstes Seafood Restaurant der Reise verdient. Ich gestehe, auf Seafood Chowder, Lobster Roll, Jakobsmuscheln und Fish’n Chips hatte ich mich schon sehr gefreut. Und da wurde ich in ganz Nova Scotia wirklich nicht enttäuscht.

Der Nachmittag wurde relaxed auf dem sonnigen Campingplatz mit Lesen und Planen verbracht. Abends bin ich auf einen Parkplatz der Küstenstraße und hab den Sonnenuntergang geklotzt, schließlich war ich ja an der Westküste unterwegs 🙂 .

Abendsnack zum Sonnenuntergang

Eigentlich hatte ich gedacht mindestens drei Tage zum Wandern im Nationalpark zu bleiben. Das dicht bewaldete Gebiet, Tummelplatz für fies viele Mücken und anderes Krabbelgetier hatte mir die Lust auf längeren Aufenthalt genommen und ich beschloss weiter zu fahren. Allerdings fehlte mir ja noch der Meerblick vom Berg, was ich am Morgen mit der Wanderung auf einen anderen Aussichtsberg nachgeholt habe. Weit weniger anstrengend, da nahezu ohne Höhenmeter, dafür früh morgens noch ohne Massenandrang.

Im Reiseführer hatte ich gelesen, dass am nödlichsten Punkt von Cape Breton Island in Meat Cove ein Campingplatz sein sollte. Angeblich grandios toll gelegen, aber nur über 20 km Schotterstraße erreichbar. Sowas interessiert mich ja schon, also bin ich hin. Sicherheitshalber mit genügend Proviant für Abendessen und Frühstück. Und siehe da, am Ende der Welt ein außergewöhnlicher Campground, hoch über den Klippen gelegen, mit eigenem Foodtruck und frischer köstlicher Lobster Roll. Übrigens, wer das nicht weiß (ich wusste das bis zur Reise nach Newfoundland auch nicht), eine Lobster Roll ist ein Salat aus Hummerfleisch, angemacht mit Stangensellerie, Zwiebeln und sonstigem, üppig in ein Hot Dog Brötchen geklemmt. Mit Blick aufs Meer, den Hummerfischern zusehend, ziemlich lecker.

Auch hier lockte ein kleiner Aussichtsgipfel nach 30 Minuten Wanderung. Dass es nachts doch tatsächlich regnete war nebensächlich für mich, schlief ich ja im Auto und musste am nächsten Morgen auch kein nasses Zelt abbauen. Dafür Sonnenaufgang mit Wolkenstimmung.

Rechts unten liegt der Campground

Tagebuch schreiben, Pläne schmieden, lesen, Bierchen trinken und aufs Meer glotzen

Sonnenaufgang über dem Meer, wolkenverhangenDer Abstecher hatte sich auf jeden Fall gelohnt.

Der neue Tag war als Fahrtag geplant und zwar über die berühmte Straße, den Cabot Trail, entlang der Ostküste von Cape Breton Island. Viele tolle Ausblicke, eine echt spektakuläre Küstenstraße, ein Leuchtturm, bestes Wetterchen und wie nahezu immer, kaum Verkehr. Ich habe mir den ganzen Tag Zeit genommen, immer wieder angehalten, kleine Spaziergänge am Meer, unterwegs ein Sandwich am Strand sitzend gegessen und die Seele baumeln lassen.

Ein Stück bin ich den ’schnellen‘ Highway durchs Inland gefahren (100km Höchstgeschwindigkeit), hab meinen 1000sten Kilometer mit einem Eis belohnt – auch wenn mir die Sorten eher seltsam vorkamen 😉 ) und Cape Breton Island verlassen.

Und damit endet Teil eins der Reise durch Nova Scotia. Teil zwei folgt in Kürze 🙂

 

 

 

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