Alaska – Highlights, Berge, Gletscher, das Meer

Im ersten Alaska-Artikel hab ich euch ja ein bisschen geteasert mit ein paar Highlights. Genau genommen waren die zwei Wochen unterwegs in Alaska als Ganzes ein persönliches Reise-Highlight. Schon nach einer Woche hatte ich das Gefühl, dass ich die landschaftliche Schönheit gar nicht mehr richtig aufnehmen kann, es raubte mir den Atem. Bei jedem neuen Highway dachte ich, jetzt kann es nicht mehr besser werden und wurde immer wieder überrascht und überwältigt.

Das war auch ein Grund, warum ich nach den ersten 5 Tagen an einen Ort wollte, an dem ich ein wenig zur Ruhe kommen und das bis dahin Erlebte sich setzten lassen wollte. Dass ich mir mit Homer ganz im Süden auf der Kenai Halbinsel eine Kleinstadt ausgesucht hatte, die mich sofort in ihren Bann zog, war nicht auf dem Plan.

Homer und eine einsame Wanderung

Wie im vorangegangenen Blogartikel bereits erwähnt, war auf der Fahrt über den Sterling Highway nach Homer das Auftauchen des Meeres und der Blick auf die gegenüber des Cook Inlet liegenden schneebedeckten Berge, ein atemberaubender Anblick.

Dann die grandiose Unterkunft mit Familienanschluss und die Aussicht aus der Lodge auf die Gletscher der Kenai Mountains in der Ferne, die mich dazu brachten, drei Tage dort zu verbringen.

Im Hafen von Homer, in dem nicht nur die Heilbutt-Fischer ihre Boote liegen haben, gab es die Möglichkeit mit einem Wassertaxi auf die andere Seite der Bucht (Kachemak Bay) überzusetzen. Ein Termin für den nächsten Tag war schnell ausgemacht, ein Trail zu einem Gletschersee ausgesucht und die bange Frage, muss ich vor Bären Angst haben.

Die Überfahrt dauerte ca. 30 Minuten und es stellte sich heraus, dass zwar ein paar Personen mit im Boot saßen, die aber nicht zum Wandern gingen. Ich wurde als Letzte an einem einsamen Strand abgesetzt. Ein kleines bisschen mulmig wurde mir schon, als das Wassertaxi verschwand und ich alleine am Ufer zurück blieb.

Auf dem Boot hatte ich gefragt, ob schon Bären gesichtet worden wären und man ‚beruhigte‘ mich mit den Worten ‚ja, aber mach einfach genug Lärm, dann passiert nichts‘.

Der Trail war gut zu erkennen und ein Verlaufen nicht möglich. So bin ich also mit ziemlich klopfendem Herzen, Lieder singend, klatschend und mit mir selber redend die ersten eineinhalb Stunden einsam auf dem Trail unterwegs gewesen. Ein kleines bisschen doof kommt man sich ja schon vor, aber es war ja niemand da, dem es hätte auffallen können 😉 .

Immer mit dem Gedanken ‚famous last selfie‘ es kam aber kein Bär 😉

Nach ca. 2 Stunden war ich am Ziel, dem Gletschersee. Meine Brotzeit am See hatte ich mir verdient und genossen. Denn hier waren tatsächlich auch eine Handvoll Menschen und ich konnte mit dem Selbstgebrabbel aufhören 😀 .

Nach weiteren eineinhalb Stunden kam ich am vereinbarten Abholpunkt, einem kleinen Strand, an. Das Wetter wurde ein wenig trüb, ich war natürlich viel zu früh und hoffte, dass das mit dem Abholen auch klappen würde. Am Himmel kreisten ein paar Weißkopfseeadler, die es auf der gesamten Kenai Halbinsel zu hauf gab und im Meer schwammen Seeotter. Ein kleines bisschen surreal alles.

Das Boot kam super pünktlich und mit mir stiegen noch zwei Männer mit Jagdgewehren zu. Ich sitze in Booten immer gerne draußen und einer gesellte sich zu mir und wir führten auf dem 45 minütigen Heimweg eine rege Unterhaltung.

Ich bilde mir ja gerne ein, wenig Vorurteile zu haben, werde allerdings ab und an eines besseren belehrt. Es stellte sich heraus, dass die beiden drei Tage lang auf Bärenjagd gewesen sind. Sie hatten offensichtlich keinen erlegt, nur einen gesichtet, der aber zum Schießen zu weit weg war. Auf meine Frage, was sie denn mit dem Bären gemacht hätten, wenn sie einen geschossen hätten, kam ein etwas ungläubiger Blick und die Antwort ‚gegessen natürlich‘. Ja, klar, was sonst.

Sie hätten den Bär vor Ort zerlegt und ausgenommen, die Fleischteile und das Fell auf ihre Rucksäcke verteilt und zum Boot geschleppt. „Wir versuchen immer unser Essen selbst zu erlegen, weil wir kein Fleisch im Supermarkt kaufen wollen, denn da wissen wir nicht, was drin ist.“ Legitim und völlig in Ordnung. Später auf der Reise habe ich andere Jäger getroffen, die sagten „Bärenfleisch mögen wir nicht, das schmeckt immer nach dem, was der Bär gefressen hat. Wir essen lieber Elch oder Caribou.“ Okay, jeder nach seinem Geschmack. Alaska-Jäger Vorurteile wurden also revidiert. Von Trophäenjägern reden wir hier aber nicht.

Hatcher Pass

Meine spontane Fahrt auf den Hatcher Pass am Ende der Reise war noch ein kleines überraschendes Sahnehäubchen nach all den vielen tollen Erlebnissen und Eindrücken der 12 Tage zuvor.

Nachdem ich Homer am einzigen verregneten Tag der Reise verlassen hatte, standen mir noch zwei Tage zur Verfügung bis ich in Anchorage das Auto abgeben musste. In Homer hatte ich ein nettes Ehepaar aus Texas kennengelernt, die mir vom Hatcher Pass erzählten. Da wollte ich also zum Abschlusss hin. Wieder entlang des Turnagain Arm durch Anchorage hindurch, bei noch leicht trübem Wetter, ging es kurz nach dem Ort Palmer in die Berge hinauf. Die Sonne kam raus und der Himmel strahlte in leuchtendem Blau.

Auf einer alpin anmutenden Passstraße kurvt man schnell die Höhenmeter bis zur Passhöhe und landet im Winter. Oben am Hatcher Pass schönster weiß glitzernder Schnee, Skitouren-Geher, Langläufer und Kinder auf Schlitten. Fast hätte ich neidisch werden können. Zu meiner Überraschung war sogar die Lodge geöffnet und ich konnte ein Lunch mit Ausblick genießen.

Ich wollte mich unbedingt auch ein bisschen bewegen – Skitouren war ja nun wirklich nicht drin – und bin etwas weiter unterhalb auf einen Schneestapf-Trail gestoßen. Ich glaube, ich habe in einer Stunde höchstens 3 Kilometer geschafft, aber was für ein Traum. Gerade mal zwei Wanderer kamen mir entgegen, und wie das so üblich ist, bleibt man für einen kleinen Plausch stehen 🙂 .

Irgendwie unfassbar, dass ich in der so kurzen Zeit und doch relativ wenigen Meilen in Alaska, so viel überraschend Atemberaubendes habe sehen und erleben können.

Von Seward durch die Resurrection Bay

Gegen Ende der ersten Woche führte mich mein Weg über den Seward Highway nach Seward. Von dort gibt es Schiffstouren durch die Resurrection Bay zur Walbeobachtung und zu ins Meer kalbenden Gletschern. Hier hatte ich Glück, dass eine 6-stündige Tour bereits im Angebot war, denn einen Gletscher wollte ich unbedingt sehen, nachdem meine geplante Seekayaktour mangels Teilnehmern nicht stattfinden konnte. Mit Walen hatte ich nicht gerechnet, weil es eigentlich noch zu früh im Jahr war.

Am Morgen spazierte ich gemütlich am Ufer entlang bis zum Hafen, die unvermeidlichen Weißkopfseeadler am Himmel kreisend und am Ufer sitzend. Schon wieder hatte ich unbändiges Glück mit dem Wetter, auch wenn es später draußen auf dem Schiff ziemlich windig und kalt wurde. Aber ich hatte gut vorgesorgt, meine neu erworbenen Reisearmbänder gegen Seekrankheit angelegt – sie helfen wirklich – und mich dick eingemummelt.

Weil ich meiner Anfälligkeit für Seekrankheit nicht traute, hab ich mir gleich ein Plätzchen draußen auf dem Deck gesucht. Schnell gesellte sich eine Engländerin zu mir und wir hatten während der gesamten Fahrt viel Spaß zusammen.

Die sechs Stunden vergingen schnell mit gucken, fotografieren, erzählen, Mittagssnack (inklusive) und nach Walen Ausschau halten 😉 . Tatsächlich haben wir dann doch einen gesehen, einen Buckelwal, leider so weit weg, dass ordentliche Fotos nichts geworden sind. Aufregend war es trotzdem.

Alles in allem eine tolle Tour, die echt viel Spaß gemacht hat, auch wegen der netten Begegnung mit anderen Reisenden. Ganz zufällig traf ich auf dem Schiff das brasilianische Ehepaar wieder, mit dem ich drei Tage zuvor schon in dem kleinen Flieger saß.

Von Anchorage zum Denali National Park – im Flieger

In eben erwähntem Flieger saß ich am 5. Reisetag. Das Highlight aller Highlights.

Ich wollte ja bei meiner Reiseplanung im Vorfeld unbedingt zum Denali National Park mit dem Auto fahren. Vor Ort stellte ich dann fest, dass mir die Fahrt dorthin zu lang und langweilig war. Als mir Janie, die ich in Anchorage getroffen habe, erzählte, dass man im Park den Mount Denali sowieso selten sieht, beschloss ich den Besuch zu lassen. Zudem war erst ein Teil der Straße schneefrei.

Ich bin ja eine versierte ‚der Plan wird geändert‘ Reisende. Eigentlich passiert mir das ständig. In so einem Fall bin ich froh alleine unterwegs zu sein. In anderen Fällen, wie beim Erleben von Highlights, finde ich es schade, es nicht teilen zu können. Nach dem Motto, du kannst eben nicht alles haben, aber immer das Beste daraus machen 🙂 .

Nachdem ich die Fahrt zum Park also nicht machen wollte, beschloss ich spontan, mich nach einem Flug zu erkundigen. Am 7. Mai kamen bei einem Anbieter in Anchorage sechs Personen zusammen und ich war dabei. Am Morgen war ich ganz schön nervös, so ein kleines Flugzeug, laut und schuckelig, hoffentlich würde ich nicht ’seekrank‘ werden.

Der Start fand auf dem nahe gelegenen International Airport statt. Ein Abenteuer für sich, wenn das kleine Fliegerchen an den großen Maschinen vorbei fährt und einen Bruchteil der Startbahn für sich in Anspruch nimmt. Dann ging alles ganz schnell, wir waren hoch in der Luft und flogen ca. eine Stunde über Land bis die Berglandschaft um den Mount Denali in Sicht kam.

Blick auf Lake Hood (einen der größten Wasserflughäfen der Welt)

Hatte ich schon erwähnt, dass das Wetter mitspielte? Grandioses Reiseglück.

Und dann kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Riesige Gletscher, hohe Berge und aus den Wolken spitzelte der Gipfel des Denali heraus. Beinahe hätte ich das verpasst vor lauter Gucken in alle Richtungen. Jeder von uns sechs Passagieren hatte natürlich ein eigenes Fenster zum Rausschauen.

Als kleines touristisches Zuckerli landeten wir auf einem Gletscher. Beim Anflug hab ich gedacht ‚der kann doch auf der kleinen Landebahn nicht stehen bleiben‘, aber natürlich klappt das. In Alaska sind diese kleinen Flugzeuge das Verkehrsmittel Nummer eins, auf sechs Einwohner kommt ein Pilot bzw. Flugzeug. Schaut man sich die Karte des Bundesstaates an, weiß man auch warum. Bis auf eine Handvoll Highways, überwiegend im Süden, gibt es keine Straßen.

Im Anflug auf den Gletscher-Landeplatz

Nach kurzem Aufenthalt auf dem Gletscher ging es zurück nach Anchorage. Es war faszinierend zu sehen, wie sich Richtung Süden die Seen und Flüsse zunehmend eisfrei zeigten und am Horizont die Bergketten aufstiegen. Rund um den 6194m hohen Denali war tiefster Winter und Gruppen von Skitourengehern unterwegs.

Nur ein paar Gletscher-Berg-Bilder 🙂

Alaska ist eine Reise wert

Ich glaube, das brauche ich nicht unbedingt zu betonen. Ich wollte mir zu meinem 60. Geburtstag etwas Unvergessliches schenken und meine Erwartungen wurden weit übertroffen. Auch wenn es nicht für jeden die richtige Reisezeit gewesen wäre, für mich hat es sich als optimal herausgestellt. Ich würde gerne noch einmal hin, mehr nach Norden fahren und vielleicht auch mal für ein paar Tage in die weite Einsamkeit fliegen. Klar war der Flug zum Denali ein großes Highlight, aber wenn ihr mich fragen würdet, wo es mir am besten gefallen hat, dann war das Homer. Jeder, der sich von atemberaubenden Landschaften faszinieren lassen kann, Berge, das raue Meer, Gletscher, Seen und Flüsse liebt, keine Angst vor ein bisschen Einsamkeit ab und an hat, wird begeistert sein.

Überrascht hat mich die angenehme Freundlichkeit der Menschen. Nicht so oberflächlich überkandidelt wie in den Lower 48 Staaten. Auch nicht so aufgeregt. Keiner hat mir versucht einzureden, dass ich alleine nicht losziehen sollte, weil zu gefährlich, man hat mir Tipps gegeben, wie ich mich zu verhalten habe. Unaufgeregt hilfsbereit. In Alaska leben die Menschen mit dem Draußen, mit der Natur und es ist ganz normal das Auto stehen zu lassen und zu Fuß zu gehen oder mit dem Rad zu fahren.

Ja, es ist für uns eine weite Reise und kostet ein kleines Vermögen. Mir war es jeden Cent wert.

 

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