Ein Blogstöckchen. Das hat es länger nicht mehr gegeben. Und eines zum Auffangen, ohne Zwang und ohne Nominierungen. Einfach so. Aber übers Kochen und Essen. Nicht meine Spezialität, weil … dafür muss dann schon weitergelesen werden 😉
Auf jeden Fall danke an Wibke, die auf ihrem Blog das Blogstöckchen, inspiriert durch Doris Dörries Buch ‚Die Welt auf dem Teller‘ ( Diogenes Verlag), ins Leben gerufen hat.
Mit dem Kochen führe ich eine ambivalente Beziehung. Ich hab es nie ‚gelernt‘. Bei uns zuhause war die Mutter in der Küche und es kam niemand auf die Idee, die beiden Kinder beim Kochen helfen zu lassen. Mein Bruder kocht bis heute nicht. Ich zog mit 20 aus, in eine WG, in der gekocht wurde. Nahezu täglich. Auch wenn ich mittags in die Mensa ging, abends gab es meistens nochmal ein gemeinsames Essen. Wirklich beitragen zur Küche konnte ich nichts.
Es hat lange gebraucht, bis ich mich ans Kochen gewagt habe. Mit viel Ausprobieren, freischwimmen von den Gerichten, die mir aus der Kindheit bekannt waren, in Kochbüchern Inspirationen finden, nahezu immer vom Rezept abweichend, neue Gemüsesorten kennenlernen und irgendwann feststellen, dass Lieblingsgerichte aus Mutters Küche heute mit Freude, Genuss und Gedanken an das Früher verzehrt werden können.
Vor ein paar Jahren hat Ute, deren Beitrag zum Blogstöckchen auf Kunststrudel nachgelesen werden kann, mal nachgefragt, warum wir Fotos von unserem Essen auf Instagram posten. Ich habe damals sinngemäß geantwortet, dass ich nicht so viel koche und manchmal selber überrascht bin, wie gut das Gekochte schmeckt. Und dann mache ich ein Foto davon, weil ich mich so darüber freue, dass ich es teilen möchte.
Heute fotografiere ich immer noch oft mein Essen, poste aber normalerweise fast nichts mehr. Statt dessen freue ich mich, dass es schmeckt und tue das, was ich schon in jungen Jahren weit mehr zu schätzen wusste als das Kochen an sich, ich genieße es zu essen.
1. Glück, Heimat, Trost, Abenteuer oder „Igittigitt“: Wonach schmeckte Deine Kindheit?
Wie oben erwähnt, die Küche war meiner Mutter vorbehalten. Ich bin mir sicher, dass sie im Grunde ihres Herzens gerne gekocht hat, nur eben nicht dieses tägliche Kochen ohne rechte Anerkennung. Als wir Kinder waren, hat sie alles getan, uns das Essen ’schmackhaft‘ zu machen. Ich erinnere mich, dass manchmal zum Abendessen nicht einfach ein Brot mit Tomate bereit stand, sondern ein ‚Marienkäfer‘-Brot. Wir waren wohl dünne Kinder und als sie den Kinderarzt fragte, wie sie uns zum Essen bringen könnte, fragte der ‚was essen sie gerne‘? Sie sagte ‚Suppe‘. ‚Na dann kochen sie doch Suppe‘ war die lapidare Antwort. Ich mochte als Kind keine Kartoffelknödel, mein Bruder hasste Erbsen. so gab es bei uns immer wenn es Braten mit Kartoffelknödel gab auch Erbsen dazu, damit jedes der Kinder das Ungeliebte weglassen konnte.
Essen war irgendwie immer ein zentraler Bestandteil unseres Familienlebens, aber eben meistens auf Kosten unserer Mutter. Das ist mir natürlich erst sehr viel später bewusst geworden. Ich weiß bis heute nicht, welches das Lieblingsgericht meiner Mutter ist und sie hat es vermutlich vor Urzeiten selber vergessen. Gekocht wurde für meinen Vater, wenn er zuhause war, und/oder für die Kinder.
Freitags gab es entweder Fisch (-stäbchen, -filet), Spinat mit Kartoffeln und Rührei oder Kartoffelpuffer mit Apfelmus. Letzteres unser absolutes Lieblingsgericht und ein Abbild des Ausgeschlossenseins der Köchin. Ich habe heute noch das Bild vor Augen, meine Mutter in der Küche stehend, den Teig rausbackend und wir drei am Esstisch sitzend und die frisch und heiß servierten Kartoffelpuffer reinstopfend. Dazwischen die Rufe nach Nachschub. Ich glaube meine Mutter hat ihre Portion – wenn überhaupt – am Herd stehend gegessen. Später schämte ich mich dafür in Grund und Boden, als Kind kannte ich es nicht anders.
Waren wir Sonntags zuhause gab es etwas Besonderes wie knusprig gerilltes Hähnchen mit Pommes Frites (ja, wir hatten eine Fritteuse, selten genutzt, aber immerhin) oder Fleischsuppe und Rindfleisch mit Kartoffelsalat. Meistens waren wir im Sommer aber unterwegs und es wurde im Wald Schwenkbraten gegrillt oder Picknick mit Brotzeit gemacht. Oft gab es Besuche im Saarland bei den Großeltern, aber die saarländische Küche und die Erinnerungen daran, würden hier den Rahmen sprengen. Nur soviel zu meinen persönlichen Highlights, Saumagen, Rindfleisch mit selbstgemachtem Meerrettich-Gemüse (Spezialität meiner Oma, keiner hat dieses Rezept bewahrt, niemand jemals wieder gekocht), dicke-Bohnensuppe aus weißen Bohnen, Kerschdsches Grumbiere (so ne Art Bratkartoffeln, aber doch anders, ich persönlich krieg die nicht hin, weil man nämlich den Deckel der Pfanne nicht heben darf und ich bin zu ungeduldig) und natürlich Quetschekuchen, weil wir ein Grundstück mit ca. 40 Zwetschenbäumen hatten.
2. Lust oder Last: Was bedeutet Kochen und Essen im Alltag für Dich?
Essen ist für mich generell keine Last, sondern meistens Genuss. Manchmal kann das Essen an sich zum Problem werden, wenn ich z. B. so unterwegs bin, dass ich immer essen gehen muss oder irgendwas in einem Hotelzimmer in mich reinstopfe. Das kommt zum Glück nicht so super oft vor, aber ich mag es nicht.
Kochen im Alltag ist nicht mein Ding. Vor allem nach einem langen Arbeitstag ist in der Küche stehen nicht das, was ich mir unter Entspannung vorstelle. Ich habs auch nicht so mit Vorplanen und stehe deshalb oft im Supermarkt oder auf dem Gemüsemarkt und kaufe irgendwas. Inzwischen kann ich auch aus Spontankäufen was Leckeres kochen, aber eben nicht täglich.
Alltagskochen ist in meiner Erinnerung immer mit der Situation meiner Mutter in der Küche verbunden. Ihr Essen war echt lecker und wir als Familie haben es ihr nicht leicht gemacht und selten bzw. erst in späteren Jahren – nachdem ich ausgezogen war und anderes erleben konnte – gedankt. Heute fragt sie mich manchmal, ob ich denn überhaupt von ihr was übernommen habe und dann zähle ich meistens Kochgewohnheiten auf, die ich mir bei ihr abgeschaut habe.
Zudem koche ich ja bis auf Ausnahmen nur für mich. Tatsächlich koche ich meistens für zwei Tage, weil ich mich schon beim Kochen darauf freue es am nächsten Tag leichter zu haben und nicht überlegen zu müssen, was es geben soll. Das ist dann entweder ein Eintopf, Suppe oder Pellkartoffeln mit Quark und am nächsten Tag Bratkartoffeln mit Spiegelei. Überhaupt, Kartoffeln sollten immer im Haus sein 🙂
3.Knoblauch, Nudeln, Honig, Kekse, Kardamom: Nimm‘ ein Lebensmittel aus Deinen Vorräten in die Hand und erzähle uns von seinem Geschmack, vom ersten Mal, als Du es probiert hast, von der Geschichte, wie es in Deinen Vorräten landete – und warum.
Muskatnuss. Eindeutig. Kommt bei mir fast überall ran. Hat meine Mutter schon immer genutzt, im Kartoffelbrei, im Blumenkohl, in Suppen. Eng verbunden mit der Muskatreibe. Vor Jahren habe ich mir bei Freunden, die wunderschöne Gewürzmühlen herstellen, eine Muskatmühle gegönnt. Super Mahlwerk, funktioniert einwandfrei und ist echt hübsch. Jeder, der eine solche Mühle kauft, nutzt sie auch, nur ich leider nicht. Ich kann nicht loslassen von meiner uralten Reibe, an der man sich die Finger wundreibt oder die Muskatnuss beim Reiben in den Topf fallen kann. Alles egal, mein Herz hängt daran und es gibts nichts zu rütteln.
4. Die Schönheit von Essen: Gibt es eine Frucht oder ein anderes Lebensmittel, dass Du allein wegen seiner Form und Farbe liebst? Wegen seines Dufts? Oder wegen einer Erinnerung, die Du damit verknüpfst?
Die Ananas. Vor sehr langer Zeit, im Jahr 1989 habe ich am Ende einer viermonatigen Reise eine Woche auf Hawaii verbracht. Ja, Hawaii ist diese Insel mit der Ananas. Tatsächlich kannte ich, wie vermutlich jeder von uns, der seine Kindheit und Jugend in den 70er Jahren verbracht hat, Ananas nur als Dosenfrucht. Und das auch nur zu besonderen Anlässen. Auf Hawaii habe ich zum ersten Mal Ananas-Felder gesehen und war völlig überrascht, wie die Pflanze aussieht und wächst. Heute bekommt man frische Ananas bei uns im Supermarkt zu kaufen. Ich finde es immer schwer zu erkennen, ob sie reif und gut sind. Deshalb gönne ich mir nur ganz selten eine bei uns auf dem Obstmarkt, der sehr teuer ist, aber qualitativ zuverlässig hervorragend. Und natürlich ist das Reisen hier ganz eng mit dem Geschmack verknüpft und eine Ananas ist bei USA-Reisen öfter auf dem Speiseplan gelandet.
5. Die Welt auf dem Teller: Ein Gericht in einem anderen Land, ein Essen aus einer anderen Kultur, gepflückt oder gekauft an einem anderen Ort – nimm‘ uns mit auf eine Reise. Woran erinnerst Du Dich?
Die Welt auf dem Teller ist für mich nicht ein einziges Gericht, der Teller symbolisiert das Gefühl von Freiheit. Nirgends sonst, auch wenn es tatsächlich manchmal nur ein paar Cracker mit Dip zum Abendessen sind oder ein Schüsselchen Müsli zum Frühstück, ist der Geschmack von freier Entscheidung so groß wie auf einem Campingplatz in den USA. Ich blende dabei sehr bewusst alles aus, was in diesem Land nicht stimmt, ohne es zu wirklich ignorieren. Denn in dem Moment beim Reisen durch das Land, vor allem beim Alleinreisen, sind meine Entscheidungen frei von Erwartungen und ich möchte reisen, nichts anderes.
Wenn ich oder wir abends an einem Campingplatz ankommen liegt meistens ein grandioser Tag hinter uns und die Frage ‚wohin morgen?‘ vor uns. Ich liebe es am Abend den Tag vorbeiziehen zu lassen, die gefahrene Strecke in die Karte zu zeichnen, das Reisetagebuch zu bestücken und was auch immer die Speisekarte hergibt gemeinsam mit einem Bier oder einem Schluck Wein vor Einbruch der Dunkelheit zu genießen. Morgens die Karte zu studieren, wohin der Weg führen soll. Oder einfach bleiben, weil es gerade dort, wo man ist, so schön ist.
hallo, liebe Frau Wagner, hab mal wieder geschaut, was Claudia so plaudert. Freut mich, dass es Ihnen soweit gut geht. Also, mein Mann und ich vermissen, wie wir alle natürlich gewisse Kontakte mit Freunden und Vergnügungen außer Haus, aber der Tag vergeht sehr schnell. Wir kochen beide sehr gerne und zwar manchmal noch so richtig wie bei Muttern, mit Markklößchen und Schweinebraten und Kässpätzle usw. Außerdem gehen auch wir gerne in die Natur und wenn man nicht ab und zu Menschen mit einer Maske sehen würde, würde man die Veränderung gar nicht so sehr merken. Traurig sind natürlich die Zahlen und die Todesfälle und die Unsicherheit die noch lange bleiben wird. Ganz so, wie früher wird es wohl nicht mehr werden. Wünsche Ihnen jedenfalls alles Gute fürs Jahr 2021 und bleiben Sie so, wie Sie sind. Ganz liebe Grüße