Die Reha in der Fachklinik Enzensberg ging in der dritten Woche routiniert dahin, umso schöner ist es, dass der Wochenendbesuch mir zu einem Highlight verhalf.
Wie der ein oder andere weiß, mache ich seit ein paar Jahren mit meinem Bruder einen Geschwisterurlaub. Der letzte, auf Rügen, hatte ja den nicht so willkommenen Ausgang mit mir in der Notaufnahme, wofür wir Geschwister nun aber nichts konnten. Krankheiten passieren.
Drei Jahre ist unser gemeinsamer Florida-Urlaub her, genau um diese Zeit im Januar und ich denke da gerade recht oft dran. Das liegt eben auch daran, dass mein Bruder aus Trier fürs verlängerte Wochenende die weite Strecke hierher in den Süden auf sich genommen hat, um mich zu besuchen. Vielleicht habe ich ihn auch ein bisschen gelockt mit den vielen Fotos vom malerischen Hopfensee-Panorama.
Auf jeden Fall hatten wir an seinem Ankunftstag schon überraschend schönes Wetter und haben die kleine Wanderung zu ‚meiner‘ Burgruine Hopfen gemacht. Mit Traumblick vom Aussichtsbänkchen. Dann noch ein fantastischer Sonnenuntergang unten am Hopfensee, was will man mehr als Start in einen Wochenendausflug.
Ausflug zum Tegelberg
Am Samstag sollte es schön werden und ich hatte mir gedacht, wir könnten ja rauf auf den Tegelberg. Die letzten Touren auf den Tegelberg waren zu Fuß, das wird dieses Jahr nichts werden.
Ich mache mir natürlich auch darüber Gedanken, dass ich dieses Jahr vermutlich keine größeren oder mittelgroßen Bergwanderungen schaffen werde. Ich dachte, dass es mir mehr ausmachen würde. Heute, als wir mit der Gondel rauf auf den Tegelberg sind, war ich so glücklich, bei strahlendem Sonnenschein einfach nur auf dieses einmalige Bergpanorama glotzen zu können, dass meine Sorgen ein wenig geschrumpft sind.
Zudem hatten wir uns zuvor schon ein bisschen bewegt. Der Vormittag war noch leicht wolkenverhangen und der Gipfel des Tegelbergs in Wolken. Also fuhren wir erst zum Schloss Hohenschwangau, um ein wenig am Alpsee zu spazieren. Da wir beide noch nie oben am Schloss waren, haben wir die Route über den Schlossberg genommen. Normalerweise würde ich über die ca. 50 Treppenstufen nicht nachdenken, aber Treppen steigen ist zur Zeit immer noch eine meiner größten Herausforderungen. Aber selbst das klappte ganz gut.
Von Hohenschwangau ging es hinunter zum Alpsee, wo inzwischen die Sonne zwischen den Wolken hervorlugte.
Zeit auf den Tegelberg zu fahren.
Oben angekommen waren alle Wolken verschwunden. Ich hatte mit vielen Menschen gerechnet, aber es war fast nichts los. Auf der Sonnenterrasse des Tegelberghauses waren sogar die besten, windgeschützten Plätze noch frei. Natürlich stand der obligatorische Germknödel auf der Speisekarte 🙂 – mit freiem Blick auf den Säuling.
Eine knappe Stunde in der Sonne und Panoramablicken nach Westen und Süden haben wir uns gegönnt.
Bei der Talfahrt mit der Gondelbahn eröffnete sich nochmal ein schöner Blick auf Schloss Neuschwanstein und die Tannheimer Berggipfel.Letztlich ist mir an diesem Ausflugstag bewusst geworden, wie gut es mir trotz allem geht. In kleinen Schritten geht es jeden Tag ein wenig besser, auf dem Berg im Schnee stapfen und kleine kurze Steigungen sind schon wieder drin, meine Kondition ist völlig in Ordnung und einen Sommer ohne Bergtour krieg ich hin.
Ganz bewusst ziehe ich hier in der Reha keine Vergleiche mit anderen, a la ‚ich kann froh sein, dass ich nicht A. oder B. bin‘. Auch das habe ich in den letzten Wochen gelernt, Vergleiche ziehe ich nur im Bezug auf mich. Denn das ist der Maßstab und das einzige was ich beurteilen kann.
Als ich meinen Bruder am Abend zu seinem Auto begleitet habe und anschließend vom Parkplatz der Klinik zu meinem Zimmer gegangen bin, war mein Schritt ganz leicht und innerlich musste ich lächeln. Weil ich einen tollen Tag hatte, weil ich auch meinem Bruder mit dem Tegelberg einen beeindruckenden Tag gegeben habe und vor allem, weil ich schon richtig weit gekommen bin.