Nach vier Jahren ist es soweit, dass ich mich entschlossen habe zu einer USA-Reise kein Notebook mitzunehmen. Bin ich in früheren Reisen ganz bewusst ‚online‘ unterwegs gewesen, habe abends auf Campingplätzen das WLAN bei Funzellicht und Mückenattacken oder gar Eiseskälte genutzt, um die Menschen zuhause teilhaben zu lassen an meinen kleinen Abenteuern, werden es dieses Mal zwei (zugegeben kurze) ’stille‘ Wochen sein.
Das Blog macht zusammen mit mir Urlaub 🙂
Natürlich wird es hinterher einen Bericht geben, schließlich geht es nach Chicago, meiner Lieblingsstadt, die sich in der Holiday-Season besonders festlich präsentiert. Und in mein ‚Home away from Home‘ nach Wisconsin, auf die Farm, die mich immer so warm und familiär empfängt.
Na ja, und so ganz offline werde ich nicht können, das Smartphone kommt ja mit. Um auf Mails, WhatsApp oder Facebook & Co. zu verzichten bin ich dann doch zu mitteilungsbedürftig, neugierig und interessiert.
Es macht mich sprachlos, dass Menschen das Bedürfnis haben Menschen wahllos zu töten.
Es macht mich sprachlos, dass andere das zum Anlass nehmen (wieder einmal) eine gesamte Religion zu verdammen.
Es macht mich sprachlos, dass ich, ohne danach zu suchen, soviel Hass im Internet sehe.
Es macht mich sprachlos, dass Politiker diesen terroristischen Akt nutzen, dazu aufzurufen die Grenzen zu schließen und ihre Zäune zu rechtfertigen.
Es macht mich sprachlos, dass Teile unserer Gesellschaft die Attentate auf dem Rücken der Flüchtlinge austragen wollen, die vor genau diesem Terror fliehen.
Eigentlich macht mich gerade soviel sprachlos, dass ich gar keine Worte dafür habe.
Off Topic: Nächste Woche fliege ich (hoffentlich) in die USA. Ich habe nie darüber nachdenken müssen, was ich als Antwort gebe, wenn ich die übliche Frage „Where are you from?“ gestellt bekomme. „Germany“ schießt es aus mir heraus. Ich glaube ich sollte mal bei mir anfangen mit dem Umdenken und werde es nächste Woche mit der Antwort „Europe“ versuchen!
„Musikalische Erinnerungen – der Sound des Reisens“ – möchte Marc von Reisezoom.com in seiner Blogparade sammeln. Nicht nur eine schöne Idee, sondern auch eine, die mir Freude macht einzutauchen in viele erinnerungswerte Reisemomente. Tatsächlich darauf gestoßen hat mich Tanja, die ein paar Blogparaden dieses Herbstes in ihrem Blog tanjapraske.de vorgestellt hat, danke dafür!
Die Frage ‚gibt es einen Song oder Interpreten, der mit einer oder gar mehreren deiner Reisen verknüpft ist?‘ hatte ich mir nie gestellt, beim Nachdenken darüber fallen mir sofort zwei prägende Reisegeschichten dazu ein.
1- Australien
Die eine, so lange her, dass ich sie aus den Tiefen meiner Erinnerungen kramen muss und jetzt doch so präsent, dass ich fast die Gerüche der Reise wieder in der Nase habe.
1988/89 hat es mich gemeinsam mit zwei Freundinnen für vier Monate nach Australien verschlagen. Am 24. Dezember haben wir uns in Sydney ein Auto gekauft. Einen Ford Falcon Station Wagon, ein Schiff, günstig, benannt nach dem damaligen Skistar ‚Wasi‘ (es war schließlich Winter in der Heimat), ausgestattet mit einem Kassettendeck. Wasi hat uns zuverlässig über 6000km durch den gesamten australischen Osten gefahren. Was wir nicht hatten waren Kassetten, und wer einmal in den endlosen Weiten Australiens unterwegs war, weiß, ohne Musik geht nix. So recht einigen konnten wir drei uns nicht, so durfte jeder eine Kassette aussuchen. Erinnern kann ich mich nur noch an eine, denn die war unser absoluter Favorit und das war ‚Barbra Streisand‘. Ca. 3000km gab es nichts anderes als ‚Memories‘ und Co. Wenn ich dieses Lied heute irgendwo höre oder es klischeehaft unter der Dusche singe, dann bin ich immer auch ein bisschen in Australien unterwegs.
Die Geschichte dieser Reisemusik ist damit noch nicht zu Ende. Nach ca. 2 Monaten waren wir im Zentrum des Landes und am Highlight unserer Reise, dem Ayers Rock angekommen. Auf dem dortigen Campingplatz tummelten sich überwiegend Schweizer und ein paar Deutsche. Frühmorgens brach man auf zu irgendwelchen Unternehmungen (Ayers Rock umrunden, zu den Olgas wandern, im Outback Känguruhs beobachten usw.), ab mittags, wenn es für jede Bewegung zu heiß wurde, traf man sich im (ja, im) kleinen Swimmingpool oder verbrachte Stunden im klimatisierten Supermarkt und ernährte sich von Milkshakes, abends gab es sowas wie Lagerfeuerromatik ohne Lagerfeuer aber mit vielen Geschichten. Mit dabei waren auch drei Jungs, die sich in Sydney kennengelernt, gemeinsam ein Auto gekauft hatten und bis zum Ayers Rock gekommen waren. Und genau hier hat ihr Gefährt den Geist aufgegeben, und zwar völlig. Von einem Moment auf den anderen saßen sie ohne Auto mitten im australischen Outback und mussten sich wieder auf ihre Rucksäcke reduzieren. So saßen wir des abends zusammen und das angesammelte Auto-Hab-und-Gut wurde gegen kleines Entgelt bzw. Mitfahrgelegenheiten getauscht. Das begann bei der Großpackung Ketchup, über eine Kühltasche, diverse andere Lebensmittel bis hin zu: Musikkassetten. Letztere waren heiß begehrt und ein wildes Handeln und Tauschen fand statt. Barbra Streisand haben wir nicht eingetauscht, aber drei weitere Kassetten fanden ihren Weg zu uns. Die Jungs wurden wieder zu getrennt reisenden Rucksacktouristen, die von uns und einem Schweizer Paar ins 400km entfernte Alice Springs mitgenommen wurden. Dort trennten sich unsere Wege. Wir waren jung, mit ein bisschen Musik glücklich zu machen und nichts war kompliziert. Memories!
2- USA
Die zweite einprägsame Reise-Song-Verbindung begleitet mich immer noch, nicht nur auf Reisen durch die USA, sondern auch hierzulande.
Im Spätherbst 1998 war ich das erste Mal alleine in den USA unterwegs. Nach einem Sprachkurs in San Diego beschloss ich für eine Woche ein Auto zu mieten und mir im Schnelldurchgang die Nationalparks im Südwesten anzuschauen. Anfang Dezember geht auch hier die Sonne früh unter, meine Tage waren kurz, ich wollte viel sehen und musste viel Auto fahren. Und damit das Fahren nicht so einsam war, wurde die ein oder andere CD erstanden. Eine davon ‚John Denver Greatest Hits‘. Keine Ahnung was mich damals gebissen hat, vermutlich aber, dass John Denver dieses Land so verinnerlicht besungen hat wie kein anderer. Vielleicht ist das auch der Grund warum mich diese CD so gefangen genommen hat. Ich habe fast nichts anderes mehr gehört, konnte am Ende der Woche alle Songs mitsingen und bin mir immer noch nicht sicher, ob mir das unendlich peinlich sein muss. Rhymes and Reasons ist auch heute noch eines meines Lieblingsstücke aus der inzwischen längst verkratzten CD.
Als ich im Januar 1999 einen Job als Außendienstlerin begann und täglich viele Stunden im Auto verbrachte, hatte ich immer ein Lieblingsalbum, das ich über Wochen rauf und runter hörte. John Denver war da außer Konkurrenz immer dabei. Wenn ich schlechte Tage hatte, eine endlos lange Winternachtfahrt nach Hause, oder einfach nur einen Anflug von Melancholie, John Denver hat geholfen. Mit seinen Songs waren so viele unbeschreibliche Momente, Entdeckungen, Erinnerungen verbunden, dass aus einem verkorksten Tag oder einer stressigen Autofahrt ein USA-Road-Movie-Feeling wurde.
2011 habe ich mir – wie die meisten meiner Blogleser wissen – einen Traum erfüllt und bin von der Ost- an die Westküste der USA gefahren. Die ersten zwei Wochen hat mich meine treue USA-Reisefreundin begleitet, wir hatten auch CDs dabei, die Lieblings-CD war damals aber leider schon zu zerkratzt. Von Boston bis Chicago sind wir zusammen gereist, bis ich sie in Chicago am Flughafen absetzte und alleine weiter bin. Zum Abschied, und das war vielleicht eines der aufmerksamsten und schönsten Geschenke, die ich je bekommen habe, hat sie mir heimlich ins Auto unter die CDs eine neu erstandene ‚Greatests Hits‘ geschmuggelt (und besagte Freundin ist Elvis-Fan, wohlgemerkt 😉 ).
John Denver höre ich nur, wenn ich alleine unterwegs bin, denn nach wie vor kann ich die meisten Lieder mitsingen, lautstark und mit viel Emotion.
In gut zwei Wochen flieg ich wieder ‚rüber‘, die CD liegt schon bereit!