Joël Dicker „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“
Viel wird im Moment zu diesem Roman geschrieben, viel Euphorisches lese ich gerade in der Presse. Unbestreitbar, dieses Buch ist unterhaltsam, spannend, überrascht uns mit immer wieder neuen Wendungen, vereint das Genre des Liebesromans geschickt mit einer kriminalistischen Geschichte, hält uns auf Trab mit Sprüngen zwischen verschiedenen Zeitebenen und lässt, vermutlich die Mehrzahl der Leser, eintauchen in die Welt der Protagonisten. Als da wären, der Erzähler Marcus Goldman, dessen Lehrer, Freund und Schriftsteller Harry Quebert, das kleine Städtchen Aurora und die damals 15jährige Nola, die spurlos verschwindet und deren Leiche 33 Jahre später im Garten eben jenes Harry Quebert gefunden wird.
Warum ich bei diesem Buch, das eigentlich alles hat, was einen in den Bann ziehen könnte, so zögerlich mit einer Empfehlung bin? Schwer zu erklären, aber ich hab mich nicht wirklich mit den Personen anfreunden können. Sie waren mir fast ein wenig unsympatisch. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich diese ‚Lolita‘-Stories (33jähriger liebt 15jährige…) einfach nicht nachvollziehen kann/mag. Auch die Freundschaft zwischen Harry und Marcus hat sich mir nicht nachvollziehbar erschlossen.
Nichtsdestotrotz ein fesselndes Buch, das seine Anhänger finden wird.
Joachim Meyerhoff „Alle Toten fliegen hoch – Amerika“
Ein schönes Buch für ‚zwischendurch‘. Der Autor erzählt autentisch von seinem einjährigen Austauschjahr im kleinen Ort Laramie, Wyoming, USA. Als begeisterte USA-Reisende war ich schnell gefesselt von der kleinen Highschool-Welt aus Sicht eines deutschen Schülers. Aber Achtung, es ist kein ‚Slapstick‘-Buch mit ständigen Lacheinlagen, sondern eine sehr anrührend, durchaus emotionale, auch mal traurige Geschichte.
Thomas Glavinic „Das größere Wunder“
Für mich bisher mein Lese-Highlight des Jahres. Schon lange hat mich kein Buch mehr so von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann gezogen.
Ich habe mich in eineinhalb Tagen durch das Buch gehechelt, konnte einfach nicht aufhören und war hinterher total enttäuscht, dass ich mir nicht mehr Zeit genommen habe – aber genau so funktioniert ja eine gute Geschichte.
Als Anhängerin amerikanischer Autoren und großer ‚Geschichtenerzähler‘ war ich völlig überrascht Glavinic hier in die Reihe eines frühen Paul Auster, Nicholas Christopher, Chad Harbach oder Michael Chabon einordnen zu können.
‚Das größere Wunder‘ ist eines dieser Bücher, in das wir eintauchen von der ersten Minute. Und sollte man es nicht schaffen das Buch an einem Tag zu lesen, so wird man morgens aufwachen mit Vorfreude auf die letzten Seiten, die vom Buche übrig sind. Eine dieser wundervollen Geschichten, deren Ende man nicht erwarten kann und die Enttäuschung, dass es eben doch ein Ende gibt, unvermeidbar ist. Eine dieser Geschichten, in der wir gemeinsam mit dem Protagonisten leben, leiden und lieben!
Wenn es nach mir ginge, sollte jeder dieses Buch lesen und lieben, aber tatsächlich glaube ich, dass man zumindest ein klein wenig Freude am Bergsteigen haben sollte, um die Motivation der Figur des Jonas nachvollziehen zu können.
…und an Wunder, ja, an die sollte man auch glauben 🙂